Österreich steht vor einer spannenden Wahl. Wird ein Politiker aus den Reihen der rechten FPÖ neuer Präsident? Im Vergleich zur Bildung der rechtsgerichteten Regierung im Jahr 2000 erwartet ein Politikexperte dieses Mal leisere Kritik aus dem Ausland – und erklärt, warum.

Wien - Begleitet von großem internationalen Interesse wählt Österreich an diesem Sonntag einen neuen Bundespräsidenten. Der 45-jährige Norbert Hofer von der rechten FPÖ geht als Favorit in die Stichwahl. Sein Gegenkandidat ist der 72-jährige Alexander Van der Bellen, der von den Grünen unterstützt wird. Sollte Hofer gewinnen und in die Wiener Hofburg einziehen, wäre er das erste europäische Staatsoberhaupt aus den Reihen der Rechtspopulisten.

 

Erste Prognosen und Hochrechnungen gibt es nach Schließung der Wahllokale um 17.00 Uhr. Sollte es ein knappes Rennen werden, könnte das Ergebnis erst am späten Montagnachmittag feststehen. Das Innenministerium geht davon aus, dass rund zehn Prozent der 6,4 Millionen Wahlberechtigten per Briefwahl abstimmen. Diese Stimmen werden erst am Montag ausgezählt. Mehr als 100 ausländische Medienvertreter haben sich akkreditiert, um über die Wahl zu berichten.

Aus Forschersicht ist der Wahlausgang völlig offen

Aus Sicht des österreichischen Parteienforschers Peter Filzmaier ist der Wahlausgang völlig offen, obwohl Hofer die erste Abstimmungsrunde überraschend deutlich gewonnen habe. Die Hoffnung des Grünen-Kandidaten Van der Bellen beruhe auf den über zwei Millionen Wählern, die im ersten Wahlgang zu Hause geblieben seien, sagte Filzmaier im Deutschlandradio Kultur. Der Grund für den Aufschwung der Rechtspopulisten liege vor allem in der Unzufriedenheit der Menschen mit der Politik der großen Koalition aus sozialdemokratischer SPÖ und konservativer ÖVP.

Im Fall eines Wahlsieges des FPÖ-Kandidaten erwarten Experten ein raueres gesellschaftliches Klima. „Der Trend von der Konsensdemokratie zur Konfliktdemokratie wird sich verstärken“, sagte Politikberater Thomas Hofer der Deutschen Presse-Agentur in Wien. Die Liste der Tabu-Themen im öffentlichen Diskurs, zum Beispiel auch in der Ausländerfrage, werde dann wohl kleiner.

Generell würde ein Sieg Hofers die innenpolitische Situation, das gewohnte Machtgefüge mit dem Präsidenten als eher ruhenden Pol in Österreich völlig verändern. „Hofer wäre ein offensiver Akteur, da er auch entsprechende Erwartungshaltungen bei seinen Anhängern geweckt hat“, sagte der Politikberater weiter.

Das gelte auch für das Verhältnis der Alpenrepublik zur EU. Hofer, dessen FPÖ äußerst europakritisch ist, werde auch dieses Thema weiter vorantreiben, zeigte sich der Experte sicher. Der Kandidat der rechten FPÖ hatte angekündigt, zusätzlich zu Regierungsmitgliedern zu Sitzungen des Europäischen Rats mitfahren und „netzwerken“ zu wollen.

Viele europäische Länder haben ein Populismus-Problem

Im Vergleich zu den starken EU-weiten Protesten bei der Bildung der ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2000 erwartet der Politikexperte diesmal gemäßigtere Töne aus dem Ausland. „Viele europäische Länder haben ein großes Populismus-Problem, links wie rechts.“ In mehreren europäischen Ländern sind Rechtspopulisten bereits an Regierungen beteiligt.

Aus der Industrie Österreichs kamen am Samstag warnende Stimmen. „Wenn mit der Europa-Idee gespielt wird, dann erachten wir das als extrem gefährlich“, sagte der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Kapsch der Zeitung „Die Presse“. Ein Imageschaden könne Auswirkungen auf die Investitionen in Österreich haben.