Werbung in eigener Sache oder sinnvolle Präventionsarbeit? Das Gesundheitsamt der Stadt Stuttgart jedenfalls begrüßt den Vorstoß einer Krankenkasse, die alle Grund- und Förderschulen zu einer Info-Veranstaltung einlädt.

Stuttgart - Jedes Kita-Kind in Stuttgart weiß: Obst und Müsli zum Frühstück sind gesünder als ein süßer Hefekringel mit einem Glas Limonade. Das Slow-Mobil fährt Kitas und Schulen an, um Kindern das Zubereiten frischer Lebensmittel nahe zu bringen. Die Kita-fit-Initiative macht Kindern spielerisch Beine. Trotzdem geht die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) in die Offensive und wirbt um Teilnehmer für Präventionsprogramme.

 

Die Kasse rechnet offenbar mit großem Zulauf, die Informationsveranstaltung findet am Donnerstag, 2. Juni, um 14.30 Uhr im Cinemaxx am Bosch-Areal statt. „Wir haben Anfang Mai alle Grund- und Förderschulen dazu eingeladen“, sagt Stefan Poetig, Regionalpressesprecher der DAK. Die Schulen werden drei Jahre lang professionell dabei unterstützt, mehr Bewegung in den Schulalltag zu bringen, Schülern, Eltern und Lehrern gesunde Ernährung nahe und die Basis für konzentriertes Lernen und Stressbewältigung beizubringen.

Stiftung setzt das Programm um

„Fit4future“ nennt sich das Programm, unter dem sich Schulen zu gesundheitsfördernden Organisationen entwickeln sollen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat die Schirmherrschaft über die Kampagne übernommen, und nationaler Botschafter ist das Ski-Ass Felix Neureuther. Laut Stefan Poetig ist die DAK Partner der Cleven-Stiftung, die das Programm an Ort und Stelle mit Lehrern, Schülern und Eltern umsetzt. Die Cleven-Stiftung ist von Dr. h.c. Hans-Dieter Cleven gegründet worden. Der Schweizer war ehemals Topmanager der Beisheim Holding GmbH. Mit seinem 60. Geburtstag und nach 35-jähriger Tätigkeit im Metro-Konzern, einem der größten Handelskonzerne weltweit, hat Cleven seine Managermandat beendet. Seit 2004 widmet er sich seiner Stiftung, deren Präventionsprogramm 300 000 Kinder in Deutschland und der Schweiz erreicht.

Der Stiftung kommt das vom Deutschen Bundestag im Juni 2015 verabschiedete Präventionsgesetz zupass. Es schreibt vor, dass Sozialversicherungsträger, Länder und Kommunen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung stärker zusammenarbeiten und direkt im Lebensumfeld, in Kitas, Schulen, am Arbeitsplatz oder im Pflegeheim ansetzen sollen. Dafür müssen die Krankenkassen pro Versichertem jährlich sieben Euro für Präventionsmaßnahmen ausgeben. Wofür und wie das Geld sinnvoll verwendet wird, verhandelten die Landesverbände der Kassen mit dem Sozialministerium in Stuttgart, die Rahmenvereinbarung soll im Juli öffentlich werden.

Kassen kritisieren Zentralismus

Dr. Hans-Otto Tropp, der Leiter des Stuttgarter Gesundheitsamts, begrüßt Prävention an Ort und Stelle mit Zielgruppen. „Eine neue Struktur, die an unserer vorbeiläuft, würde ich allerdings nicht gutheißen.“

Bisher ist die AOK mit dem Programm „Jolinchen“ zur Gesundheitsförderung in Kitas unterwegs, kooperiert mit Vereinen, bietet Kinderwettbewerbe beim Stuttgart-Lauf und schult Erzieherinnen im Umgang mit hochsensiblen Kleinkindern. „Die Ziele des neuen Gesetzes sind richtig, der Ansatz jedoch zu zentralistisch“, sagt Pressesprecher Alexander Kruse. Auch die Techniker-Krankenkasse sei „in Kitas und Schulen schon jetzt gut verwurzelt“, so Pressesprecher Hubert Forster.

Für Michael Hirn, den Geschäftsführenden Schulleiter der Stuttgarter Förderschulen, steht die DAK-Veranstaltung nicht an erster Stelle. „Jede Schule macht schon viel, und viele Angebote sind zu selten mit guter Umsetzungsstrategie unterfüttert.“ Das verstärke die Belastung der Kollegen nur.