Verbraucher haben zu viel für Autos von VW, Daimler und BMW bezahlt. Deshalb hat EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Geldbußen verhängt.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die Auftritte von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in Kartellrechtsverfahren folgen dem gleichen Drehbuch: Wenige Minuten, bevor die Dänin vor die Presse tritt, kommt die Ankündigung an die Medien. Bis sie das Wort ergreift, dringt nichts aus der EU-Kommission heraus. Schon gar nicht, welche Branche, welche Unternehmen es diesmal trifft. Ihre Worte sind präzise, enthalten aber stets einen Hauch von Humor.

 

So war es auch diesmal, als Margrethe Vestager einmal mehr ein Kartell in der Auto-Zulieferindustrie entlarvte. Strafen in Höhe von insgesamt 155 Millionen Euro hat sie gegen sechs Unternehmen verhängt, die Klima-Anlagen und Kühlelemente für Autos mit Verbrennungsmotoren herstellen. Die Kommissarin sagte, dem Autokäufer fielen diese Produkte zwar häufig nicht ins Auge. Dafür spüre er sie. „In diesem Fall haben Sie es möglicherweise in Ihrem Portemonnaie gespürt, während die Temperatur im Auto konstant gehalten wurde.“ Dann sagte sie, was sie immer an dieser Stelle sagt, was aber immer wieder gut klingt: „Der heutige Fall unterstreicht, dass wir keine Kartelle akzeptieren, wo auch immer und wie auch immer sie organisiert sind.“

Unter den allesamt reuigen Kartellsündern ist auch der deutsche Zulieferer Mahle Behr. Das Unternehmen hat eingeräumt, nach Preisabsprachen mit zwei anderen Unternehmen zwischen November 2005 und Dezember 2009 überteuert Komponenten an die VW-Gruppe, Daimler und BMW geliefert zu haben. Die Käufer dieser Fahrzeuge wissen nun, dass sie womöglich zu viel bezahlt haben. Mahle Behr muss dafür jetzt 62,1 Millionen Euro Buße zahlen. Eigentlich wäre noch mehr fällig gewesen, doch die Kommissionsbeamten honorieren, dass das Unternehmen kooperativ war – und so bei der Aufklärung des Kartells mitgeholfen hat.

Das japanische Unternehmen Denso hat das Verfahren in Gang gebracht

Das Kartellverfahren in Gang gebracht hatte das japanische Unternehmen Denso mit einer Selbstanzeige bei der EU-Kommission. Entsprechend den Statuten bekam Denso dafür den Kronzeugenstatus und muss für dieses Kartell und zwei weitere gar keine Strafe zahlen. Gemessen am angerichteten Schaden wäre eigentlich eine Buße von 287 Millionen Euro fällig gewesen. Auch das japanische Unternehmen Panasonic ging straffrei aus, weil der Konzern ein viertes Kartell in der Branche offenlegte. Daran war auch Denso beteiligt und muss dafür 322 000 Euro zahlen. Die weiteren Firmen, die beteiligt waren, sind Calsonic und Sanden aus Japan sowie Valeo aus Frankreich. Mahle Behr muss die zweithöchste Kartellstrafe zahlen, gegen Sanden wurde mit 64,5 Millionen Euro die höchste Strafe verhängt.

Die Kommission ist überzeugt, dass die sechs Zulieferer Absprachen im Hinblick auf Preise und Märkte getroffen sowie sensible Informationen untereinander ausgetauscht haben. Nach Recherchen der Ermittler wurden die verbotenen Absprachen bei persönlichen Treffen und Konferenzen in Europa und konspirativ anberaumten Begegnungen in Japan getroffen. Auch per Mail und Telefon soll kommuniziert worden sein.

Die Beamten von Vestager haben bereits eine Reihe von Kartellen in der Automobil-Zuliefererbranche aufgedeckt. Sie sind dabei unfairen Praktiken unter den Herstellern von Schaum für Autositze, Kabelbäumen und Lagern auf die Schliche gekommen. Die Kommission machte kein Hehl daraus, dass Untersuchungen in weiteren Sparten der Automobilzulieferer-Industrie bereits laufen würden. Es gibt sogar den Hinweis aus der Kommission, bei welchen Produkten die nächsten Enthüllungen zu Kartellen stattfinden könnten: Es dürfte die Anbieter von integrierten automobilen Insassenschutzsystemen treffen. Darunter fallen zum Beispiel Airbags, Sicherheitsgurte und Kindersitze.