Nach Ansicht des Handelsverbands im Südwesten profitieren die Verbraucher vom starken Wettbewerb. Dies dürfte auch künftig so bleiben. Besonders teuer ist es in der Schweiz.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Deutschen müssen für ihre Lebenshaltung etwas weniger ausgeben als dies im Durchschnitt aller EU-Länder der Fall ist. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Allerdings lagen die Preise in Deutschland nur um 0,2 Prozent unter dem EU-Durchschnitt. Dies erscheint zwar als sehr geringe Differenz, beim Blick auf die vergangenen Jahre aber waren die Bürger zwischen Kiel und Konstanz ebenfalls schon besser dran. Nach Ansicht des Handelsverbands Baden-Württemberg könnte dies auch so bleiben. Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin der Organisation im Südwesten erwartet, dass der Trend sich ungebrochen fortsetzt. Dazu trage vor allem der anhaltend starke Wettbewerb im Handel bei, sagte Hagmann.

 

Nach den Angaben der Wiesbadener Statistiker war das Preisniveau in fast allen Nachbarstaaten im vergangene Jahr höher als in Deutschland. Die Kosten für die Lebenshaltung waren nur in Polen und Tschechien geringer. Dies sagt allerdings noch nichts über den Wohlstand in den verschiedenen Ländern aus – entscheidend ist auch die Höhe der Einkommen. Unter den Ländern der Europäischen Union stellt Dänemark einen klaren Ausreißer nach oben dar: Dort lagen die Kosten für die Lebenshaltung 2015 um fast 37 Prozent über dem Durchschnitt der EU. Auch in anderen skandinavischen Ländern ist das Leben relativ teuer: So lag Schweden bei etwas mehr als 120 Prozent des EU-Durchschnitts, Norwegen, das nicht der EU angehört, übertraf den Schnitt dieser Staaten um 37 Prozent. Noch tiefer müssen die Schweizer in die Tasche greifen. Bei den Eidgenossen lagen die Ausgaben für die Lebenshaltung um 63 Prozent über dem Wert für die EU. Unter den großen Ländern liegt auch Großbritannien deutlich darüber. Frankreich, das noch 2012 um neun Prozent über dem EU-Durchschnitt lag, hat sich diesem angenähert und übertrifft ihn jetzt nur noch um etwas mehr als fünf Prozent. Unter dem Schnitt liegen dagegen südeuropäische Länder wie etwa Spanien mit 90 Prozent. Auch in Portugal ist das leben preiswerter. Dagegen ist das Leben in Italien etwa so teuer wie im Schnitt der Europäischen Union. Ganz am unteren Ende rangiert Bulgarien. Dort ist das Leben nicht einmal halb so teuer wie im Durchschnitt der EU-Länder.

Scharfer Wettbewerb nutzt Verbrauchern

Schon in der Vergangenheit habe die scharfe Konkurrenz im Handel dafür gesorgt, dass die Deutschen relativ preiswert leben könnten, sagte Hagmann. „Unsere Preise sind supergünstig“, meinte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes im Südwesten. Die Bevölkerung reagiere bei ihren Lebenshaltungskosten sensibler als dies in andern Ländern der Fall sei. Wie stark der Wettbewerb sei, zeige auch die große Verkaufsfläche der Händler pro Einwohner. Diese liege mehr als doppelt so hoch wie etwa in Frankreich. Allerdings seien auch die Margen in Deutschland relativ gering. Die Hauptgeschäftsführerin erinnerte in diesem Zusammenhang an den Rückzug der US-Handelskette Walmart aus Deutschland. Diese sei mit den geringen Gewinnen nicht zufrieden gewesen. Die niedrigen Margen könnten Konzentration und Rationalisierungsdruck im Handel weiter verstärken. Was heute für die Verbraucher noch erfreulich sei, könne sich irgendwann als „Nachteil für alle Beteiligten“ erweisen.

Eine Sprecherin des Deutschen Bauernverbandes meinte, schon in den vergangenen Jahren hätten die im Vergleich zu anderen Ländern relativ günstigen Preise für Nahrungsmittel die Inflationsrate gedrückt. So sind Nahrungsmittel in Deutschland im Schnitt wesentlich billiger als in Frankreich. Der Bauernverband behauptet schon länger, die Deutschen gäben Geld für teure Küchen aus, um sich in diesen eine billige Nahrung zuzubereiten. Zu Klagen hat der Druck auf die Nahrungsmittelpreise in den vergangenen Monaten vor allem bei Schweinehalten und Milchbauern geführt.

Bundesrat hilft Milchbauern

Während die Schweinehalter seit Mitte April wieder etwa mehr bekommen, ist der Preis für die Milchbauern mit rund 20 Cent pro Liter immer noch im Keller. Der Bundesrat hat deshalb am Freitag das vom Landwirtschaftsministerium vorgelegte Agrarstruktur-Gesetz verabschiedet. Nach diesem dürfen die Molkereien und die bundesweit etwa 70 000 Milchbauern eine Obergrenze bei der Milchproduktion vereinbaren. Ein knappes Angebot soll dann zu wieder steigenden Preisen führen.