In der Stuttgarter Tri-Bühne feiert die sehr schräge Komödie „Hase Hase“ Premiere. Darin verschlägt es einen Alien aus dem All mitten in eine Familie. Aber Edith Koerber als Mutter Hase hat alles im Griff.

Stuttgart - Ach, wir Erdlinge, sind wir am Ende nichts als kosmischer Abfall? So jämmerlich wie lächerlich? Man könnte das so sehen, wenn man mit den Augen eines Aliens auf die Erde blickt. In ihrer irrwitzigen Komödie „Hase Hase“ schickt die Autorin Coline Serreau einen Außerirdischen in die französische Großfamilie Hase, die in ziemlich prekären Verhältnissen lebt. Kein Geld, keine Arbeit, aber eine Mutter, die mit Kommunikationstalent und Herzenswärme den Laden zusammenhält. Der Alien gibt sich nur dem Publikum als solcher zu erkennen. Im Familienverband ist Hase einfach nur das Nesthäkchen der Familie, von der Mutter geliebt, die weiß, „dass ihn der Himmel geschickt hat.“

 

In den neunziger Jahren war „Hase Hase“ ein vielgespieltes Stück auf deutschen Bühnen. Jetzt hat Edith Koerber, die Intendantin der Tri-Bühne diese von Pointen und Rätseln durchsetzte Farce wieder auf den Spielplan gebracht und spielt darin die Hauptrolle: Mama Hase, die Mutter, die eigentlich schon längst einen Nervenzusammenbruch erlitten haben müsste und doch immer weiter macht. Die die Einkäufe nach oben schleppt, das Abendessen richtet – Möhrchen natürlich, was sollte es in der Familie Hase auch sonst geben –, und allen eine Antwort gibt, wenn manchmal auch zeitversetzt.

Mutter Hase hält die Familie zusammen, alle anderen sind ganz schöne Versager

Wer sollte die Familienbande denn auch sonst zusammenhalten? Der melancholische Vater (Alexej Boris), der meistens verzagt und antriebslos im Sessel sitzt, jedenfalls nicht. Die streitlustigen Kinder, die eigentlich fast alle schon aus dem Haus sind, aber eins nach dem anderen aber wieder zu Hause einziehen, schon gleich gar nicht. Der einen Tochter hat es nicht gepasst, das ihr Mann sie beim Essen nach dem Salz gefragt hat, und „Biff Baff“ hat sie die Scheidung eingereicht. Die andere Tochter hat beim Standesamt einfach „Nein“ gesagt. Ihr verprellter Fast-Ehemann bringt jetzt nicht nur ihre Sachen zurück, sondern zieht auch selbst gleich mit ein. Genau wie die matratzenverleihende Nachbarin.

Und es kommt noch schlimmer: Die Revolution bricht aus, das Militär übernimmt die Macht. Folterknechte setzen den Hases zu. Das Lachen könnte einem jetzt im Halse stecken bleiben – aber der Irrwitz der Familie und Alien Hase übernehmen wieder das Kommando. Susan Ihlenfeld spielt diesen kindlichen Alien; sie macht das so quecksilbrig wie großartig. Die Pointen lassen auch im Verhörkeller nicht nach, die Soldaten verwandeln sich am Ende in tanzende Frauen. Starker Tobak, das Ganze unter der Regie von Alejandro Quintana.

Egal, ob man mit dem Textmix aus Familienhymne und Science Fiction etwas anfangen kann oder nicht: Den Schauspielern bei der Arbeit zuzusehen macht jedenfalls Freude. Edith Koerber spielt diese Mutter Courage im chaotischen Familienverband mit großer Energie und trockenem Witz. Und auch die leisen Töne kommen an, wenn sie ihr Herz dem Publikum ausschüttet, klagt, dass sie manchmal auch gern einmal bemuttert werden würde. Wen das nicht rührt, der hat kein Herz.