Die Natur besitzt die größte Zauberkraft. Thorsten Strotmann aber reicht dicht heran. Im Zeichen des Schmetterlings feiert der Magier vor zahlreichen Stadtpromis im Römerkastell Premiere der Show „Hautnah V“, die so persönlich ist wie nie zuvor.
Schmetterlinge sind zum Träumen schön, erfreuen als Sinnbild von Leichtigkeit mit ihrer Farbenpracht. Vor Strotmanns Magic Lounge, einem Privattheater im Römerkastell in Bad Cannstatt, das mit der verwegenen These auftrumpft, Subventionen hemmten die Kreativität, werden die Premierengäste auf dem roten Teppich von einem über zwei Meter großen Butterfly begrüßt.
Eine Stelzenläuferin mag sich dahinter verbergen. Doch in dieser Nacht sind die Grenzen zwischen Illusion und Realität fließend. Thorsten Strotmann, 51, lässt das Märchen daher schon draußen beginnen.
„Hautnah V“ heißt seine neue Show, die eine Frage beantworten soll, die dem Close-up-Magier so oder ähnlich oft gestellt wird: „Wie bist du Zauberprofi mit eigener Bühne geworden?“
Wenn Wunder und Bewunderung eins werden
Sein vor drei Jahren verstorbener Vater spielt dabei eine Rolle. So anrührend erzählt der Junior die Geschichte, die mit Zweifel und erst spät ausgesprochenen Wahrheiten zu tun hat, vor allem aber mit Liebe, dass nicht nur bei sensiblen Zuschauern Tränen fließen. Über allem tanzt der prachtvolle Schmetterling, der mal eine unscheinbare Raupe war, der also vorführt, wie die Verwandlung gelingen kann, wie sich Träume erfüllen. Strotmann liebt Metaphern. Keiner sollte versuchen, eine Raupe aus der Verpuppung zu befreien, erklärt er. Das müsse sie schon ganz alleine tun, sie müsse ganz allein darum kämpfen. Sonst bestehe die Gefahr, dass klitzekleine Muskeln beschädigt werden, die der Schmetterling später brauche, um sich in voller Schönheit zu entfalten.
Ein guter Zauberer führt sein Publikum so raffiniert hinters Licht, bis Wunder und Bewunderung eins werden. Viele glauben, das größte Wunder von Strotmann sei, dass er seit 14 Jahren ein rein privates Theater ganz ohne Zuschüsse führt. Als Strotmann 2009 mit der Idee zur Bank ging, ein Close-up-Theater in einem intimen Saal mit sieben Reihen, 199 Plätzen und poetischem Kronleuchter-Flair ohne Subventionen zu eröffnen, wurde er fast ausgelacht. So was gab’s bisher nicht. Es dauerte, bis der Kredit bewilligt wurde. In den ersten Wochen kamen oft nur zwölf Zuschauer in das festlich illuminierte Theater im Römerkastell, das früher eine Lagerhalle war, in der etwa die Fantastischen Vier für ihre Touren probten.
Die Mund-zu-Mund-Propaganda schlug dann aber ein. „Schon nach drei Monaten haben wir verdient“, erinnert sich Strotmann, „nach zwei Jahren konnten wir den Kredit zurückzahlen.“ Heute ist die Magic Lounge zu 82 Prozent ausverkauft – vor Corona lag die Auslastung gar bei 93 Prozent.
Mit Auftritten als Zauberer finanzierte der Entertainer sein Studium der Betriebswirtschaft. Dieses in Deutschland und vielleicht sogar in Europa einzigartige Mini-Theater ist so erfolgreich, weil der Chef von Geld und Kunst gleichermaßen was versteht.
Yoga-Lehrerin Klara Wüsten wird zur Assistentin des Magiers
Der 51-Jährige ist nicht nur ein verblüffender Magier, sondern auch ein hervorragender Entertainer. Prädikat: absolut staunenswert. Mit geistreichem Witz und Charme landet er seine Treffer und stößt mit der neuen Show „Hautnah V“ in neue Dimensionen. Das gab’s selbst hier, wo das Unmögliche zuhause ist, noch nie: Der Gastgeber lässt in der Lounge von der Decke ein großes Labyrinth absenken, auf dem er mit Augenmaske und Sack über dem Kopf, von einem Zuschauer geleitet und absichtlich in die Irre geführt, barfuß über schmale Planken läuft. Die Hindernisse wie Nagelbretter und Bärenfallen umgeht er dabei geschickt – so also sieht der „Weg des Magiers“ aus.
Aus den vorderen Mitmachreihen holt sich Strotmann mehrfach das Model und die Yoga-Lehrerin Klara Wüsten, die Begleiterin des früheren Nationaltorwarts Timo Hildebrand, als Assistentin an seine Seite. Im Publikum sitzen noch viel mehr bekannte Gesichter: Ex-Handball-Star „Mimi“ Kraus, die Comedy-Schwäbin Doris Reichenauer, der frühere Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück (für seine Stiftung wird an diesem Abend gesammelt), Anne Reichman, Vorsitzende der Nikolauspflege, die sich über die andere Hälfte der Spenden freuen kann, OB-Ehefrau Gudrun Nopper, „Soko“-Hauptdarstellerin Astrid M. Fünderich, Intendantin Susanne Heydenreich, Entertainer Michael Gaedt, Travestie-Lady Frl. Wommy Wonder, DJane Alegra Cole, Moderatorin Emma von Bergenspitz, Eberhard Riese, der Präsident des Magischen Zirkels Deutschland, u.v.a.
„Es ist einfach toll, wie familiär es bei Thorsten Strotmann zugeht“
Emotional wird’s auch zum Schluss: Erst holt der Magier seine Mutter auf die Bühne (die am Samstag 87 Jahre alt wird), küsst seine Frau Claudia Strotmann, ehe zwei Stammgäste kommen: Dorothea Heinri ch, 69, und Rosemarie Böhringer, 82, waren über 50-mal hier. Die Damen überreichen eine Torte mit lauter Fünfern drauf (wegen „Hautnah V“). Was den Reiz in der Magic Lounge für sie ausmacht? „Es ist natürlich die Zauberkunst“, sagt Heinrich, „aber vor allem das Menschliche.“ Es sei „einfach toll“, wie familiär es bei Strotmann zugehe.
Übrigens: Sollte der Magier bei Ihrem Besuch Ihr Handy in einem Käfig verbrennen, ist das nicht weiter schlimm. Bestimmt taucht es in einem Laib Brot auf, den Sie aufschneiden dürfen. Bei Strotmann weiß das Publikum, dass es getäuscht wird - und liebt die Schummelei, weil sie so gut gemacht ist.