Darauf spielt schon der Titel an. Er ist das Resultat eines groben Missverständnisses, denn der Mann im lila Anzug wollte in der neuen Werkhalle des Schauspielhauses nicht Tschechows "Drei Schwestern" aufführen, sondern die von irgendwem stammenden "Drei Western". Tja. Und jetzt haben sie den krausen Salat, die konfusen Pollesch-Spieler, die sich in einem Bühnenbild bewegen, das eben zwitterhaft zwischen Russland und Amerika, zwischen verschneitem Birkenwald, rauem Westernsaloon und Siebziger-Jahre-WG inklusive schrägen Afri-Cola-Klamotten liegt.

Ein schriller Stilmix, dessen kommunikative Ursache von der Frau in den kuhfarben gescheckten Hosen auch unmissverständlich klar benannt wird: "Wir hören uns nicht." Aber verstehen, sich auf der Bühne blind verstehen, das tun die Darsteller schon. Es ist das eingespielte Pollesch-Team, das sich wieder kunstvoll in Gesprächsverwirrung stürzt.

Systematische Überforderung des Publikums


Neben Harald Schmidt, dem Mann in Lila, und Silja Bächli, der Frau in Kuhfarben, gehören Lilly Marie Tschörtner, Florian von Manteuffel und Christian Brey abermals dieser durchgeknallten Familie an. Und Brey, vor allem er, hat Polleschs Theaterverfahren mittlerweile kongenial drauf. Sich von Denkern wie Agamben, Foucault und Marx den Geist durchströmen lassen, den Körper aber dem Klamauk der Marx-Brothers ausliefern: das muss der ideale Polleschianer, als den man Brey bezeichnen kann, schon können. Ihn bei der Arbeit zu sehen, ist vergnüglich.

Ist es aber auch erhellend? Pollesch ist zu einer Marke im postdramatischen Theater geworden, der mit jeder Inszenierung seinen Markenkern noch weiter schärft. Zu diesem Kern gehört auch die systematische Überforderung des Publikums, auch jetzt bei den "Drei Western", die intellektuell wie gewaltige Theoriestürme über die Köpfe in der Werkhalle hinwegfegen. "Sie hören nur, was für sie nachvollziehbar ist", sagt da irgendwann noch Lilly Marie Tschörtner zu irgendwem. Stimmt. Nachvollziehbarkeit macht das Zuhören leichter. Vielleicht sollte Pollesch seinen Markenkern doch ein wenig korrigieren.

Weitere Vorstellungen in häufiger Folge bis zum 24. Oktober in der Werkhalle