Stürmisch sind im Stuttgarter Theaterhaus vier Uraufführungen beim Ballettabend „Grandes Dames“ von Gauthier Dance gefeiert worden. Stars der Tanzszene und prominente Stuttgarter wie OB Fritz Kuhn feierten danach im Biergarten. Wir waren bei der Premierenparty unter freiem Himmel.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Mit seinem neuen Programm „Grandes Dames“ verneigt sich Ballettchef Eric Gauthier vor den Frauen – und wie immer fehlt die Frau, die ihm am wichtigsten ist, bei seiner Premiere im Theaterhaus. „Laura mag den Trubel nicht“, sagt der künstlerische Leiter von Gauthier Dance zur späten Stunde. Seine Ehefrau und Mutter seiner drei Kinder wird an einem anderen Abend kommen, wenn nicht so viele Promis da sind, wenn nicht alle Selfies mit ihm machen wollen, wenn nicht an allen Seiten auf ihn eingeredet wird und man ihn anhimmelt.

 

Nach der stürmisch bejubelten Welturaufführung von vier Stücken im großen Saal des Theaterhauses – die Lautstärke hat das Beben eines Orkans angenommen – , feiert Eric Gauthier mit Kollegen, Freunden, Tänzern, Choreografen, Sponsoren und Stadtpromis recht familiär draußen im Biergarten. Zwei der vier Stücke, eines von Marco Goecke sowie eines von Gauthier und Andonis Foniadakis, erweisen weiblichen Ikonen des Tanzes die Ehre. Die beiden anderen Stücke stammen von den Choreografinnen Helena Waldmann und Virginie Brunelle. OB Fritz Kuhn ist hellauf begeistert. „Das war Weltklasse“, schwärmt er. Drei Stücke haben ihm extrem gut gefallen, bei dem Stück „We love horses“ macht er Abstriche. Ballett ist nicht aber dazu da, weiß der OB, immer alle zu verzücken. Die Provokation gehört dazu.

Beim Pferdestück tragen die Tänzerinnen und Tanzer aufgeschnallte Hinterteile. Diese Riesendringer strecken sie dem Publikum entgegen. Die Botschaft der Choreografin Helena Weidmann, die im Biergarten zwischen Theaterhaus und Restaurant mitfeiert: Viel zu sehr erziehen, kontrollieren und dressieren wir uns gegenseitig – ohne zu merken, wie unfrei wir sind, welchen Zwängen wir uns unterwerfen.

Der neue und alte Wittwer-Chef feiert mit

Die Zwänge des Marktes haben zwei urschwäbische Unternehmen verändert, deren Chefs mitfeiern. Wolfgang Kuhn bleibt Geschäftsführer der Südwestbank, die an die Wiener Bank Bawag verkauft worden ist und einen harten Sparkurs nun fährt. Ebenso bleibt Rainer Bartle Geschäftsführer. Künftig wird er für Wittwer-Thalia das Buchhaus am Kleinen Schlossplatz leiten, das 151 Jahre lang den klangvollen Namen Wittwer trug. Der Verkauf hat in der Stadt für großes Aufsehen und viel Besorgnis gesorgt. Die Kritiker, die enttäuscht sind, dass es erneut ein inhabergeführtes Traditionsgeschäft weniger auf der Königstraße gibt, fragt Bartle, wann sie zum letzten Mal bei Wittwer eingekauft haben. Das Problem sei, dass die Zahl der Bücherkäufer zurückgehe. Darauf müsse man reagieren.

Legenden des Balletts sind gekommen

Ein Drittel der Arbeitsplätze von Wittwer wird abgebaut. „Es zittert aber keiner der Mitarbeiter“, betont Bartle, „es gab für alle Abfindungen.“ Der neue und alte Chef sieht die Vorteile eines finanzkräftigen Besitzers. Jetzt könne er „Geld in die Hand nehmen“ und im Haus umbauen, etliches besser machen. An diesem Abend der großen Ballettbegeisterung aber können die Sorgen vergessen werden. Unter den Gästen sind zwei Legenden: der heutige Tanzcoach Egon Madsen und die 90-jährige Georgette Tsinguirides, die 72 Jahre lang Tänzerin und Choreologin beim Stuttgarter Ballett war. Die große Ballettfamilie ist mal wieder versammelt. Einer der jüngeren Tanzfans sagt, er könne sich nun vorstellen, wie seine Eltern einst bei Cranko gejubelt hätten – bestimmt ebenso stürmisch wie an diesem Abend das Publikum im Theaterhaus gejubelt.