Die Türkei entfernt sich mit der Verhaftung kritischer Journalisten weiter von der Demokratie. Das darf bei den Verhandlungen über den EU-Beitritt nicht ignoriert werden, kommentiert StZ-Politikredakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die Türkei steht auf der Rangliste der Pressefreiheit aktuell auf Platz 149 von 180 Staaten. Ankara spielt damit in einer Liga mit Russland (152) und Ägypten (158). Zu Recht! Die Verhaftungen der beiden Journalisten von „Cumhuriyet“ wegen „Spionage“ sind ein Skandal. Offensichtlich ist, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan zwei kritische Stimmen mundtot machen will. In der Vergangenheit hatte das Blatt immer wieder brisante Themen wie die grassierende Korruption in der Türkei oder auch die Armenier-Frage auf seine Titelseite gehoben. Das Vorgehen gegen „Cumhuriyet“ ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Polizeirazzien bei regierungskritischen Medien sind fast schon an der Tagesordnung, ebenso Angriffe auf Journalisten. Besonders besorgniserregend aber ist, dass in der Türkei immer mehr Medienkonzerne in den Händen weniger, regierungsnaher Unternehmer sind. Außerdem ist die willkürliche Zensur des Internets durch staatliche Stellen inzwischen zur Gewohnheit geworden.

 

Am Sonntag treffen sich EU und die Türkei zu einem Gipfel. Dort soll es aber vor allem um die Flüchtlingsfrage gehen, und Ankara wird eine Beschleunigung des Beitrittsprozesses fordern. Den kann es aber nur geben, wenn die Türkei alle Regeln einer Demokratie befolgt – einen Flüchtlingsbonus darf es nicht geben.