Der Pressestammtisch des Stadtseniorenrats greift ein Thema auf, das jeden betrifft.
In Deutschland sind sechs Millionen Menschen pflegebedürftig und aufgrund des demografischen Wandels werden es immer mehr. Auch die Kosten für die Pflege steigen. Dabei wissen die wenigsten Betroffenen, was ihnen zusteht oder wie es ihnen gelingen könnte, trotz Pflegebedürftigkeit in den eigenen vier Wänden zu bleiben.
Ein Thema, das jeden betrifft, weil jeder pflegebedürftig werden kann. Bettina Hartmann, Themenkoordinatorin für Wissenschaft und Gesundheit unserer Zeitung, hat beim Pressestammtisch des Stadtseniorenrats Leinfelden-Echterdingen am Dienstagvormittag zum Teil aus eigener Erfahrung berichtet: Auch die Eltern der Redakteurin sind, wie sie erzählt, pflegebedürftig.
Redakteurin spricht von „Pflegedschungel“
Wer aufgrund von Alter oder Krankheit plötzlich von Pflege abhängig wird und dies sich auch eingesteht, betont Hartmann in der gut gefüllten Echterdinger Zehntscheuer, stehe zunächst vor zwei zentralen Fragen: „Wo bekomme ich Hilfe und welche finanzielle Unterstützung steht mir zu?“ Das Problem: In Deutschland herrsche ein „Pflegedschungel“, so die Redakteurin. Den Überblick zu behalten, fällt schwer. Da die erste Wahl für viele Betroffene nicht der Heimplatz ist, sondern die Pflege zuhause, sagt Hartmann, stelle sich zudem häufig die Frage, wie die Pflege in den eigenen vier Wänden organisiert werden kann.
Helfen können hier kommunale Pflegestützpunkte, die Betroffene und ihre Angehörigen beraten. Die Krux: Dass es solche Beratungsangebote in fast allen Städten gibt, sei häufig nicht ausreichend bekannt.
Unübersichtlich auch, für welche Leistung wo Geld zu bekommen ist: „Es gibt die unterschiedlichsten Töpfe und Regelungen“, kritisiert Hartmann. Eine mögliche Pflegereform müsste, ihrer Meinung nach, hier ansetzen und vereinfachen. Verbessert habe sich in Baden-Württemberg zuletzt zum Beispiel, dass Putzhilfen für Pflegebedürftige nicht mehr zwingend von zertifizierten Pflegediensten bereitgestellt werden müssen.
Keine Aussicht auf finanziellen Ausgleich
Zudem problematisch: Wer wegen der Pflege eines Angehörigen seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, hat hierzulande bislang keine Aussicht auf finanziellen Ausgleich. Anders zum Beispiel im österreichischen Burgenland, berichtet Hartmann: „Dort gibt es seit einigen Jahren ein Pflegegehalt für pflegende Angehörige.“
Ein mögliches Vorbild für Deutschland. Denn ein solches Pflegegehalt schaffe nicht nur einen Anreiz, sondern entlaste zugleich die Personalnot in der Pflegebranche. „Wenigstens muss bei uns der Arbeitsplatz für Arbeitnehmer, die Angehörige pflegen, für zwei Jahre freigehalten werden“, sagt die Redakteurin. Ein schwacher Trost.
Neben der Notwendigkeit, sich selbst über alle Pflegebelange zu informieren, hält es Hartmann für unerlässlich, vorsorgend zu handeln: „Das fängt mit der Frage an, ob ich in meiner Wohnung auch im Alter noch leben kann?“ Denn wer rechtzeitig in eine altengerechte Wohnung umzieht oder seine Wohnung entsprechend umbaut, kann auch mit Pflegegrad meist noch lange in den eigenen vier Wänden bleiben.