Kevin Großkreutz ist vom VfB Stuttgart entlassen worden. Sein Rauswurf trifft auf ein geteiltes Echo in den Medien – von „verdient“ bis „ungerechtfertigt“. Sein Rauswurf provoziert sogar einen „Schalker Brief“.

Stuttgart - Vor etwa zweieinhalb Jahren feierte dieser Fußballer noch den Weltmeister-Titel mit Deutschland. Kevin Großkreutz ist dafür bekannt, auf dem Fußball-Platz alles zu geben. Am Freitag saß er in Stuttgart vor Reportern und kämpfte mit den Tränen. Das hatte mit einem Vorfall vor wenigen Tagen zu tun. Der Fußballer war mit Jugendlichen in eine Schlägerei geraten. Er kam verletzt ins Krankenhaus.

 

Schon früher war er häufiger negativ aufgefallen. Nun gab der Verein VfB Stuttgart bekannt, dass er sich von Kevin Großkreutz trennt. „Kevin weiß, dass er großen Mist gebaut hat“, sagte VfB-Manager Jan Schindelmeiser. Der entschuldigte sich.

In den Medien findet der Rauswurf von Großkreutz ein geteiltes Echo. Wir haben einige der Stimmen und Kommentare zusammengetragen.

Westline, das Fußball-Magazin für Westfalen, lässt seine Autorin Susanne Hein-Reipen – eine bekennende Schalke-Anhängerin – einen erfrischend offenen und augenzwinkernden Brief an Großkreutz schreiben. Und der fällt weitaus weniger hämisch aus, als man bei dieser Konstellation meinen könnte: Nach ihrer Meinung hat der 28-Jährige das „mediale Theater“ nicht verdient und die „Reaktion der Medien und des VfB Stuttgart auf Deine (Großkreutz’) nächtlichen Eskapaden jedes Maß verloren“.

Im Vergleich zu den Verfehlungen eines Uli Hoeneß oder eines Frank Ribery, „hattest Du die Eier, auf der Pressekonferenz selber öffentlich zu Deinem Fehler zu stehen, ihn aufrichtig zu bereuen und Dich unter Tränen zu entschuldigen“, so die Autorin.

Die Autorin zeigt sich übrigens selbst am meisten überrascht, einmal für die „Reizfigur der Königsblauen“ Partei zu ergreifen und wünscht „aufrichtig alles Gute“ – nur eben nicht beim FC Schalke.

Großkreutz sei wohl vermutlich überfordert vom Rummel des modernen Profifußballs, schreibt Spiegel online: „Man kann ihn unreif nennen, unerwachsen, den Nobelpreis für Physik wird Kevin Großkreutz in absehbarer Zeit nicht erhalten. Aber er ist ein Typ. Dieser Fußball ist nicht mehr gemacht für Typen.“

Aus Sicht der Südwest-Presse Ulm blieb dem VfB Stuttgart keine Wahl: „Sofortige Trennung! Bei Kevin Großkreutz blieb dem VfB keine Wahl. Dass die Profikarriere des 28-Jährigen schlagartig beendet sein dürfte, hat er sich selbst zuzuschreiben. Den VfB trifft die Prügelaffäre zur Unzeit. Nach dem Abstieg ist es der Mannschaft mit dem jungen Trainer Hannes Wolf gerade erst gelungen, den Schalter umzulegen: Die Stuttgarter haben den Spitzenplatz der zweiten Liga erobert und sind auf Kurs, den direkten Wiederaufstieg zu schaffen. Da gibt es kein Vertun: Milde kann sich der VfB hier nicht leisten. Zu groß ist das Risiko, dass ein Kevin Großkreutz erneut über die Stränge schlägt.“

Hier finden Sie alle Berichte zum Rauswurf von Kevin Großkreutz.

In der Frankfurter Rundschau heißt es zur Ankündigung von Großkreutz, sich zunächst aus dem Profifußball zurückziehen zu wollen: „Der Mann, der einst zielsicher einen extra-scharfen Döner ins Auge eines Kontrahenten warf, hat bei seiner vorläufig letzten Pressekonferenz geweint. Mit Fußball wolle er zunächst einmal nichts mehr zu tun haben, hat er gesagt. Es wäre die schlechteste Therapie für einen, der auf dem Platz ein ziemlich Großer wurde. Nebenbei kann der aus unerfindlichen Gründen „Fisch“ genannte Profi noch ein bisschen Anti-Aggressionstraining fürs Leben außerhalb des Platzes absolvieren.“

Bei stern.de hält man den Rauswurf für übertrieben: „Trotz der Schwere der Vorfälle hätten andere Maßnahmen zur Verfügung gestanden. Geldstrafe, eine zeitliche begrenzte Verbannung zur Nachwuchsmannschaft, zusätzliche Wohltätigskeitsauftritte - Beispiele, wie man mit Skandalen umgeht, gibt es genug. Beim DFB hielt man einst zu Großkreutz, nachdem er volltrunken in eine Hotelhalle uriniert hatte.“

Hier haben wir andere Stimmen zum Rauswurf von Großkreutz gesammelt.

Auch in der Welt findet man eher kritische Worte: „Dass Großkreutz gehen muss, dokumentiert einmal mehr die Scheinheiligkeit der Branche Profifußball. Einer Welt, in der als Lausbub gilt, wer jahrelang ohne Führerschein mit Hunderten PS unter dem Hintern über die Straßen brettert. Den Stars werden Fehltritte verziehen, Strafdelikte hingenommen. Erpressung eines Mitspielers oder häusliche Gewalt können dem Heldenstatus allenfalls ein paar kleine Kratzer verleihen. Selbst Sex mit minderjährigen Prostituierten scheint als Kavaliersdelikt durchzugehen. Aber Oberstufenparty mit Minderjährigen – das geht nun wirklich nicht.“