Die Macher des Stadtmuseums haben zu einer Architektur-Preview in das Wilhelmspalais geladen. Bis Sonntag können die umgebauten Räume vorab besichtigt werden.

Stuttgart - An Stehtischen harren rund vierzig Frauen und Männer jeden Alters sowie einige Kinder den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des künftigen Stadtmuseums. Die führen zur vollen Stunde durch das Haus. „Schon bei der ersten Führung um elf Uhr hatten wir 50 Teilnehmer, und es geht gerade so weiter“, schwärmt eine Museumsaufsicht. Bereits an diesem Wochenende sind hunderte Interessierte ins Wilhelmspalais geströmt. Einst Stadtbibliothek wurde dieses in den vergangenen drei Jahren zum Stadtmuseum Stuttgart umgebaut: Bei einer Architektur-Preview können seit Samstag bis zum Sonntag, 24. September, Stuttgarterinnen und Stuttgarter sich ein Bild davon machen. Die Preview, die Torben Giese, designierter Direktor des Hauses, und sein Team konzipierten, ist Auftakt zu einer Reihe kultureller Zwischennutzungen bis April 2018, wenn das neue Stadtmuseum einzieht.

 

Es ist nicht die erste Zwischennutzung im Wilhelmspalais, das 1840 König Wilhelm I. von Württemberg für seine Töchter Marie und Sophie als Wohnsitz von Hofbaumeister Giovanni Salucci errichten ließ. Nach dem Umzug der Stadtbibliothek an den Mailänder Platz gestattete die Landeshauptstadt den Geschäftsführern der Wagenhallen, Stefan Mellmann und Thorsten Gutbrod, interimsweise das Wilhelmspalais als Kulturstätte zu betreiben. Von Mai 2012 bis September 2013 gab es Konzerte, Ausstellungen, Theaterstücke, Performance, Vorträge und anderes – bei freiem Eintritt. Dafür gewann das Wilhelmspalais den Mars Award als „beste Live Location 2013“. Nun sind es wieder die Macher der Wagenhallen, die seit dem Wochenende die Bar im neu gestalteten Foyer des Wilhelmspalais täglich ab zehn Uhr mit Speis’ und Trank bespielen.

Am Wochenende indes war Sekt bei vielen das Getränk der Wahl. Gab es doch auch eine Rückkehr zu feiern: Nachmittags wurde im Garten hinter dem Haus „König Wilhelm II und die Spitze“ enthüllt. Das Denkmal, geschaffen vom Stuttgarter Künstler Hermann-Christian Zimmerle, wurde 1991 vom Verkehrsverein Pro Stuttgart ermöglicht. Dessen Vorstandsvorsitzender Werner Koch sprach denn auch, zudem Bettina Klett vom Freundeskreis Stadtmuseum. Letzterer engagiert sich seit Jahren für das Haus.

Die Enthüllung wurde begleitet von zehn Hunden der Spitzzüchter des „Eindachhofs“. Die Rasse schätzte der letzte König Württembergs. Es gibt viele Anekdoten, wie der volksnahe Wilhelm II mit seinen Spitzen durch die Stadt spazierte und Kindern Süßigkeiten gab. „Wir haben die Hunde vor allem auch für die Kinder hinzugeholt“, so Historiker Achim Laur, Mitarbeiter des Stadtmuseum-Teams. „Wir sind ein offenes Haus für die ganze Familie – und wollen dass Kinder sich wohlfühlen.“ Bewusst habe man schon bei der Planung entschieden, dem Nachwuchs nicht nur eine Ecke, sondern gleich ein ganzes Stockwerk zu geben: So wird das Stadtlabor, eine Werkstatt, in der sich Kinder und Jugendliche sich mit Architektur und Stadtplanung beschäftigen, einziehen. Derzeit ist es in der Kriegsbergstraße aktiv.

Viele Besucher waren beim Auftakt angetan von den Räumen und den Führungen, die täglich kostenlos bis zum Wahlsonntag stattfinden. Doch nicht nur einen Vorgeschmack auf das neu gestaltete Palais am Charlottenplatz gibt es bis dahin. Auch eine Fotoausstellung mit Bildern des Stuttgarter Architekturfotografen Achim Birnbaum ist zu sehen, der das sich wandelnde Wilhelmspalais dokumentierte, sowie einer Schau des Landesverbands Bund Deutscher Architekten. Der BDA Baden-Württemberg zeigt Wettbewerbsbeiträge zur Hugo-Häring-Auszeichnung. Am Samstagabend sprach außerdem Arno Lederer – das Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei zeichnet für den Umbau verantwortlich – über das Palais im Zusammenspiel mit der Stadtstruktur Stuttgarts. Und am Sonntagabend spielten die Stuttgarter Philharmoniker unter ihrem Chefdirigenten Dan Ettinger Mozart und Haydn. Im Laufe der Woche sind weitere Vorträge, Konzerte und Performances geplant, etwa zur Geschichte des Wilhelmspalais, zum italienischen „Stararchitekten“ Giovanni Salucci. Das Sète-Quartett spielt sowie das Ensemble „Dein Theater“. Am Mittwoch diskutieren Arno Lederer und Detlev Kron vom Stadtplanungsamt Stuttgart mit anderen über Stuttgarter Architektur und Stadtentwicklung. Und am kommenden Freitag wird der Hugo Häring-Auszeichnung 2017 zusammen mit dem Publikumspreis der Stuttgarter Zeitung verliehen: Die Besucher können bis 20. September ihren Favoriten der Ausstellung wählen.