Mit seinem ersten Gottesdienst, der Primiz, tritt Sebastian Tanneberger seinen Weg als katholischer Priester an.

Leonberg - Seit mindesten 500 Jahren hat es das im 1534 evangelisch gewordenen Leonberg nicht mehr gegeben – ein frisch geweihter katholischer Priester feiert in seiner Heimatgemeinde seine Primiz. Dabei darf er hier zum ersten Mal das Abendmahl zelebrieren und den Segen erteilen. Das ist nun Sebastian Tanneberger vergönnt gewesen und die Gemeinde hat es mit einem großen Fest gefeiert.

 

Seit Monaten hat in der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes der Täufer Aufregung geherrscht ob dieses außergewöhnlichen Ereignisses. Dementsprechend feierlich ist auch der Gottesdienst gewesen. Sebastian Tanneberger wurde nicht nur vom Leonberger Pfarrer Damian Bednarek und Don Jean Bonane Bakindika, dem Pfarrer der italienischen Gemeinde assistiert, der das Evangelium las. Auch Monsignore Oliver Lahl, Geistlicher Botschaftsrat an der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl, der vor 27 Jahren Praktikant in Leonberg gewesen ist, stand dem Primiziant zur Seite.

Die Predigt hielt der Calwer Dekan Holger Winterholer. In dessen Seelsorgeinheit Oberes Nagoldtal ist Sebastian Tanneberger davor als Diakon tätig gewesen. Zur Tradition der Primiz gehört auch, dass sich der neue Pfarrer einen ihm nahe stehenden Geistlichen für die Predigt einlädt.

Zur Vorbereitung für die Priesterweihe, die am Samstag, 7. Juli, Bischof Gebhard Fürst durch Handauflegen in der Konkathedrale St. Eberhard zu Stuttgart vollzogen hat, gehört auch ein Primizspruch. Den wählt sich jeder Kandidat aus der Heiligen Schrift aus. Er begleitet sie auf dem weiteren Lebensweg, er soll in anstrengenden Situationen Mut geben, für das künftige Wirken motivieren und daran erinnern, was sie bewogen hat, diesen Weg zu gehen.

„Gott ist uns nahe“

Sebastian Tanneberger hat sich einen Vers aus dem Alten Testament gewählt, aus dem ersten Buch Samuel: „Rede, denn dein Diener hört“ (Sam 3,10). Darauf ging Dekan Winterholer ein. „Hassparolen und Geschrei, Verärgerung und Ablehnung sind schneller und leichter zu hören, als Worte, die zu Herzen gehen.“ Gute Worte seien selten geworden. „Gott ist uns nahe. Es ist dein Auftrag, dein Dienst als Priester und Diener Gottes, immer wieder neu den Menschen diese frohe Botschaft zu verkünden und nahezubringen und mit deinem ganzen Wirken, deinem Leben zu verwirklichen – eine große Aufgabe“, gab der Dekan Sebastian Tanneberger mit auf den Weg.

Die Ministranten der Seelsorgeeinheit Oberes Nagoldtal, die den Gottesdienst ebenfalls mitgestalteten, haben für Sebastian Tanneberger eine riesige Primizkerze entworfen, die seinen Primizspruch enthält. Die erste Lesung aus dem ersten Buch Samuel, aus dem der Primizspruch stammt, hielt Cosima Tanneberger, die Schwester des Jungpriesters. Die zweite Lesung gestaltete die Kirchengemeinderätin Marion Sander.

Die Fürbitten sprach Roswitha Gans. „Da hat mein Religionsunterricht in der Mörikeschule wohl doch etwas gebracht“, meinte sie scherzend, denn hier war Sebastian Tanneberger ihr Schüler, bevor es ins Albert-Schweitzer-Gymnasium kam. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von Ulrich Wermelskirchen an der Mühleisen-Orgel sowie dem Kirchenchor und dem Projektorchester unter der Leitung von Selina Janetschek.

Besonderer, persönlicher Segen

Nach der Primizfeier hat die Gemeinde zu einem Fest auf dem Kirchenvorplatz eingeladen. Beschlossen wurde der Tag mit einer Dekanandacht, die mit dem Primizsegen endete. Dieser ist ein besonderer, ein persönlicher Segen, bei dem der Empfänger seinen Namen nennt. Der Primiziant erteilt ihn durch Handauflegen.

Was hat Sebastian Tanneberger bewogen, diesen Weg zu gehen? „Mein Entschluss erfolgte nicht aus heiterem Himmel“, sagt er. Es habe kein spektakuläres Berufungserlebnis gegeben, dafür aber vor acht Jahren eine lange Zeit des Grübelns und des Ringens mit sich selbst. „Es war ein langer Weg der Entscheidung, bis ich begriff, dass es vielleicht Gott sein könnte, der etwas mit mir vorhat“, sagt Sebastian Tanneberger, der nun für zwei Jahre als Vikar nach Schwäbisch Hall geht.

Und die Familie? „Für meinen Vater, der evangelisch ist, klang das anfangs ein wenig befremdlich. Für meine Mutter, die in der kirchlichen Arbeit tätig ist, war es kein Schock. Am meisten gefreut hat sich meine Oma“, sagt der 35-Jährige. Von der gesamten Familie, also auch der Schwester Cosima und dem Bruder Fabian, habe er viel Unterstützung erfahren. „Wir freuen uns von ganzem Herzen für ihn und sind voller Hoffnung, denn unsere guten Wünsche begleiten ihn“, sagt Mutter Andrea.