Sex mit einer Minderjährigen, die von einer reichen Männerriege als „Sexsklavin“ ausgebeutet wurde – die Vorwürfe gegen Prinz Andrew erregen die ganze Nation. Der Palast reagiert darauf ungewohnt heftig.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Trotz aller Unterstützung durch die königliche Familie ist es Prinz Andrew bisher nicht gelungen, die schweren Vorwürfe zum Verstummen zu verbringen, die ihm seit vorigem Freitag nachgehen – und die den Windsors zunehmend zu schaffen machen. Auch diese Woche steht der Herzog von York, der zweitälteste Sohn der englischen Königin, wieder im Mittelpunkt lebhaften Medieninteresses auf den Britischen Inseln.

 

Was, wollen die Landsleute des 54-Jährigen wissen, ist wahr an den jüngsten Klagen über ihren „Playboy-Prinzen“? Hat Andrew zwischen 1999 und 2002 mehrfach Sex mit einer Minderjährigen, mit einer von einer reichen Männerriege übel ausgebeuteten „Sexsklavin“, gehabt? Oder sind die Vorwürfe erfunden? Wird ihm hier Unrecht getan? Bekannt ist ja inzwischen, wer die Vorwürfe erhoben hat: eine 30-jährige amerikanische Mutter dreier Kinder namens Virginia Roberts, die seinerzeit als Teenager angeblich gehalten war, dem Prinzen sexuell zu Diensten zu sein.

15000 Dollar für den Beischlaf mit Andrew

Roberts war von einem Freund Andrews, dem US-Milliardär Jeffrey Epstein, zusammen mit Dutzenden anderer junger Mädchen für „erotische Massagen“ angeheuert und nach eigenen Aussagen dem Prinzen „zur Verfügung gestellt“ worden. Epstein wurde später für Missbrauch einer Minderjährigen zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt. Andrew soll, als Epstein-Gast, dreimal Sex mit Virginia Roberts gehabt haben: in London, New York und auf Epsteins Insel in der Karibik. Mit Details zu den Begegnungen hat Roberts, die sich seit Jahren Gehör zu verschaffen sucht, nicht gespart. 15 000 Dollar will sie von Epstein für den Beischlaf mit Andrew erhalten haben. Dafür sei ihr eingeschärft worden, dem Prinzen zu Willen zu sein – und Epstein hinterher alles zu erzählen.

Bekannt geworden sind die Vorwürfe jetzt im Zuge eines Verfahrens, mit dem vier Frauen gegen den „stillen Deal“ angehen wollen, den Floridas Behörden Epstein 2008 gewährten. Nachdem die Missbrauchspraktiken des superreichen Investmentbankers aufgeflogen waren, hatte Epstein sich bereit erklärt, in einem einzigen Fall schuldig zu plädieren. Dafür war ihm „und allen mit ihm verbundenen Personen“ Straffreiheit in allen anderen Fällen zugesichert worden. Diese Decke amtlichen Schweigens sollte angeblich auch Prinz Andrew vor der US-Justiz schützen.

Palast dementiert ungewöhnlich scharf

Der Buckingham-Palast hat die Beschuldigungen in den letzten Tagen allerdings gleich zweimal scharf dementiert. Andrew, der Fünfte in der Thronfolge, habe „keinerlei sexuellen Kontakt zu und keinerlei Beziehung mit Virginia Roberts“ gehabt, hieß es zu Wochenbeginn. Die erhobenen Behauptungen seien „falsch und völlig gegenstandslos“.

Derart unverblümte Sprache ist ungewöhnlich bei höfischen Erklärungen in London. Beobachter an der Themse sind sich darin einig, dass die Affäre die Windsors in kurzer Zeit äußerst nervös gemacht hat. Prinz Andrew selbst hat, seit er am Wochenende von einem Skiurlaub im schweizerischen Verbier zurückgekehrt ist, sich daheim in seinem Wohnsitz Royal Lodge auf Windsor Castle mit Anwälten eingeschlossen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Seine Exfrau Sarah, die Herzogin von York, die mit ihm und den beiden gemeinsamen Töchtern die Neujahrstage in Verbier verbrachte, hat Andrew jetzt als „den besten Mann der Welt“ verteidigt. Der ebenfalls von Roberts beschuldigte Epstein-Berater Alan Dershowitz kündigte derweil an, er werde gerichtlich gegen Roberts vorgehen, um seinen Namen reinzuwaschen. Dem Prinzen riet Dershowitz, auch er solle sich nichts bieten lassen.