Lang hielt sich in der Öffentlichkeit der Mythos, William, Harry und Kate seien ein eingeschworenes Team gewesen – bis Meghan auf die Bildfläche trat. Doch war das wirklich so?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Lange galten sie als das Dreamteam der britischen Monarchie: Prinz Harry, Prinz William und Kate, damals Herzogin, heute die Prinzessin von Wales. Sie absolvierten als Trio Termine und setzten sich zu dritt für soziale Projekte ein. Die Kampagne „Heads Together“ beispielsweise, die psychische Erkrankungen enttabuisieren soll, entstand aus einer Initiative des Trios.

 

Als zu dem royalen Dreigestirn 2017 noch Harrys Verlobte Meghan Markle stieß, schwärmte die Presse schon von den „Fab’ Four“, den Superstars des Königshauses. Doch nach der Heirat wurde die Beziehung zwischen den Cambridges und den Sussexes schnell sauer. Wie schade, seufzte der Boulevard, Harry hatte seine Schwägerin Kate doch so innig geliebt – und implizierte damit, dass Meghan daran schuld sei, dass sich die Vier nicht mehr gut verstanden.

Wie es wirklich war, zumindest aus seiner Sicht (und die, das sei vorausgeschickt, dürfte anders ausfallen als die von William und Kate), legt Prinz Harry in seiner Autobiografie „Spare“ (auf Deutsch: „Reserve“) dar. Bevor Meghan in sein Leben trat, habe er sich mit seinem Bruder und seiner Schwägerin oft wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt.

„Ich mochte seine neue Freundin“

Zum ersten Mal taucht Kate Middleton nach gut 130 Seiten in Harrys Buch auf – als Williams neue Flamme. „Ich mochte seine neue Freundin“, schreibt Harry da. „Sie war unbekümmert und liebenswert. Sie hatte ein Jahr in Florenz verbracht, kannte sich mit Fotografie aus, mit Kunst. Und mit Kleidern. Sie hatte ein Faible für Mode.“

Er habe Kates Humor gemocht. „Besonders freute ich mich, wenn ich sie zum Lachen brachte. Das konnte ich ziemlich gut. Meine offensichtliche Albernheit korrespondierte gut mit ihrer getarnten Albernheit.“

Doch gleich darauf folgt der erste Vorwurf: Kate und William hätten ihm zugeraten, 2005 bei einer Kostüm-Party in einer Nazi-Uniform mit SS-Binde zu erscheinen, schreibt der 38-Jährige. „Ich rief Willy und Kate an und fragte sie, was sie dachten“, erinnert Harry sich. „‚Nazi-Uniform‘, sagten sie.“ Als er ihnen das Kostüm vorgeführt habe, hätten die beiden „vor Lachen geweint“.

Harry als fünftes Rad am Wagen?

Mehrmals erwähnt Harry im Buch seine Sorge, Kate könnte ihm seinen geliebten Bruder wegnehmen: „Immer wenn ich mir Sorgen machte, sie könnte mir Willy wegnehmen, tröstete ich mich mit dem Gedanken an all die Lachkrämpfe, die wir noch teilen würden.“

Als die Drei im Kensington Palace unmittelbare Nachbarn waren (Harry lebte in der Zeit im Nottingham Cottage, einem kleinen Häuschen auf dem Grund von Kensington) sei das Verhältnis nicht sonderlich eng gewesen: „Ich freute mich, jederzeit vorbeikommen zu können. (...) Aber so entwickelte es sich nicht.“ Jeden Tag habe er mit einer Einladung gerechnet – die nicht gekommen sei. „Ich verstehe es, dachte ich. Sie sind beschäftigt. Bauen eine Familie auf. Oder vielleicht... wollen sie kein fünftes Rad am Wagen?“

William und Kate liebten „Suits“

Dass Harry dann 2016 mit Meghan Markle eine Hauptdarstellerin der Anwaltsserie „Suits“ zu daten begann, soll William und Kate zunächst komplett begeistert haben: Beide seien riesige Fans der Sendung gewesen, schreibt Harry. „Die ganze Zeit hatte ich befürchtet, Willy und Kate würden Meg möglicherweise nicht in der Familie willkommen heißen. Jetzt musste ich mir stattdessen Sorgen darüber machen, dass sie sie wegen Autogrammen belästigen würden.“

Trotzdem habe sein Bruder ihm geraten, es langsam mit Meghan angehen zu lassen. Dass Meghan, ganz Amerikanerin, William beim ersten Treffen gleich umarmte, sei nicht gut angekommen bei den Cambridges. „Willy umarmte Fremde nur selten. Meg umarmte hingegen die meisten Fremden.“ Als sie das erste Mal ein Treffen zu viert hatten, sei Meghan barfuß und in zerrissenen Jeans gewesen und Kate „aufgedonnert bis zum Gehtnichtmehr.“

Detailversessen schreibt Prinz Harry die angeblichen kleinen Gemeinheiten seiner Schwägerin auf: Kate sei zum Beispiel nicht begeistert gewesen, als sich Meghan vor einem offiziellen Termin der Vier ihren Lipgloss ausgeliehen habe. „Meg presste sich ein wenig davon auf den Finger und strich es sich auf die Lippen. Kate verzog das Gesicht.“

Offenbar scheint Harry gewillt zu sei, die Beziehung zu seiner Schwägerin durch sein Buch so endgültig aufs Spiel zu setzen wie die mit William: In „Spare“ fügt er dem ewigen Drama „Meghan oder Kate – wer brachte vor der Hochzeit wen zum weinen?“ ein neues Kapitel hinzu und veröffentlicht eins zu eins das angespannte Gespräch, das die beiden Frauen Tage vor der Zeremonie führten: „Es gab anscheinend ein Problem mit den Kleidern der Brautjungfern. Sie mussten geändert werden.“

Kate habe sich beklagt: „Charlottes Kleid ist zu weit, zu lang, zu bauschig. Sie hat geweint, als sie es zu Hause anprobierte.“ Ein Änderungsschneider könne nicht helfen, die Kleider müssten neu genäht werden, habe die Herzogin insistiert. Kate habe Meghan zugesetzt und keine Rücksicht darauf genommen, dass die Braut gewaltigen Stress (ausgelöst auch durch ihren Vater Thomas Markle) gehabt habe. „Kurze Zeit später traf ich zu Hause ein und fand Meg auf dem Fußboden vor“, schreibt Harry. „Schluchzend.“ Am nächsten Tag sei Kate noch einmal vorbeigekommen und habe sich entschuldigt. Später, so Harrys und Meghans Vorwurf, sei die Geschichte ganz anders an die Medien durchgestochen worden: Meghan habe Kate zum Weinen gebracht. Harry deutet in seinem Buch auch noch an, Camilla – beziehungsweise ihr Büro – habe den Zwischenfall falsch an Journalisten weitergegeben.

„Nimm bitte deinen Zeigefinger aus meinem Gesicht!“

Besser wurde das Verhältnis der Cambridges und Sussexes auch nach der Hochzeit nicht. Schließlich entschieden sich die Sussexes, ihren Haushalt von den Cambridges zu trennen. Bei einer Aussprache hätten sich Kate und William beschwert, dass Meghan und Harry ihnen nichts zu Ostern geschenkt hätten, schreibt Harry. Die Sussexes konterten, William und Kate hätten beim Hochzeitsempfang einfach ad-hoc die Sitzordnung geändert. Kate sei indes beleidigt gewesen, dass Meghan über ihre „Stilldemenz“ gescherzt hatte, als sie gerade Louis zur Welt gebracht hatte. „Du hast über meine Hormone gesprochen“, habe Kate gesagt, „Wir stehen uns nicht nahe genug, als dass du meine Hormone erwähnen dürftest.“ William fuchtelt mit erhobenem Zeigefinger herum, Meghan giftet: „Nimm bitte deinen Zeigefinger aus meinem Gesicht!“

Zankereien, wie sie vielleicht in vielen Familien mal vorkommen – doch dank Harrys Buch sind sie jetzt für die Ewigkeit festgehalten. „Harry hat nicht nur den Vorhang der Royal Family aus Geheimnisvollem, Magie und Mystik zerrissen. Er hat ihn angezündet“, sagte der Royals-Experte Peter Hunt dem Sender Channel 4. Der Mythos der drei unzertrennlichen Musketiere – William, Harry, Kate – ist vorbei, es gab ihn nie. Das haben wir jetzt Schwarz auf Weiß.