Prinzessin Kate und Prinz William sind dieser Tage omnipräsent, ballern Wohlfühl-Content in den sozialen Netzwerken. Wann wird’s zu viel?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Es sind nur wenige Takte, aber das Publikum des Eurovision Song Contest in Liverpool ist entzückt, als die ersten Töne von Kalush Orchestras Hit „Stefania“ am Klavier erklingen. Es liegt an der Frau, die im azurblauen Abendkleid in die Tasten greift: Prinzessin Kate.

 

Die Prinzessin und der Prinz von Wales sind omnipräsent in diesen Tagen – und manchem britischen Royalberichterstatter wird das langsam zu viel. Sarah Vine, eine der royalen Kommentatorinnen des Boulevardblatts „Daily Mail“ (dem britischen Königshaus in einer Art Hassliebe verbunden), veröffentlichte am Wochenende einen ungewöhnlich kritischen Artikel über die Wales’.

Darin tadelte sie das – zweite – Hinter-den-Kulissen-Video zur Krönung, das auf der Instagram-Seite des Thronfolgerpaares veröffentlicht wurde. „Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege, aber sollte es bei der Krönung nicht um Charles und Camilla gehen?“ Sie schaue sich lieber eine weitere Netflix-Doku von Prinz Harry und Herzogin Meghan an, als noch ein Video im „Hollywood-Stil“ aus dem Kensington Palace.

Regie führte bei der fast fünfminütigen Hochglanzproduktion Will Warr, der schon Imagevideos für Puma oder Tesco produziert hat. Jetzt rückt er die „Marke Wales“ ins rechte Licht. Über das lange Krönungswochenende hatte das Social-Media-Team des Kensington Palace schon alles gegeben und aus allen Rohren Wohlfühl-Content geballert.

Der Artikel der „Daily Mail“ offenbart das Dilemma, in dem das britische Königshaus steckt: Prinzessin Kate ist die längst nicht mehr so geheime Geheimwaffe der Krone. Sie ist unheimlich beliebt, glamourös und repräsentiert das Königshaus seit Jahren praktisch ohne den kleinsten Fehltritt. Zusammen mit Prinz William und den drei niedlichen Kindern vertritt sie die junge Generation in einer ziemlich überalterten Monarchie.

Doch im Zentrum dieser Monarchie stehen König Charles III. und Königin Camilla – auch wenn es manchmal nicht so scheint. Auch der Monarch und seine Frau hatten einen Cameo-Auftritt in einem der Einspieler für den „Eurovision Song Contest“. Doch gesprochen wurde vor allem von Kates Klaviereinlage. Als die offiziellen Krönungsfotos veröffentlicht wurden, lag der Fokus wieder auf der 41-Jährigen – schließlich sah man auf den Bildern aus dem Buckingham Palace zum ersten Mal in Gänze ihr Alexander-McQueen-Kleid. Sogar die nüchterne „Times“ stimmte in die Lobeshymnen mit ein und jubilierte „Let’s crown Kate now!“ (zu Deutsch: „Lasst uns Kate jetzt gleich krönen“)

Verwunderlich ist der Kate-und William-Hype nicht. Der 74-jährige König und die 75-jährige Königin versprühen eben nicht so viel Glamour wie die jüngere Generation, und den Kultstatus einer Queen Elizabeth II. konnten sie sich in acht Monaten Regentschaft noch nicht erarbeiten.

Angeblich mochte es Charles einst überhaupt nicht, von einer anderen Prinzessin von Wales überstrahlt zu werden: seiner ersten Frau Prinzessin Diana. Seiner Schwiegertochter überlässt der König aber offenbar noch recht bereitwillig das Rampenlicht. Schließlich weiß vermutlich niemand besser, dass die Zukunft der Krone Teamwork ist. Und so lange die Wales positive Schlagzeilen am laufenden Band produzieren, lenken sie auch ziemlich effektiv von eventuellen weiteren Störfeuern von Prinz Harry und Herzogin Meghan aus Kalifornien ab.