Der 29-jährige Edward Snowden hat mit Enthüllungen zur US-Spionage im Internet mächtige Geheimdienste gegen sich aufgebracht. Er versteckt sich in Hongkong und hofft auf Asyl. Auf sein Wunschland Island kann er sich aber vorerst keine Hoffnungen machen.

Washington/London - Nach der Enthüllung großangelegter Internet-Spionage der US-Regierung hofft der nach Hongkong geflohene Informant auf Asyl. Auf diese Weise will sich der 29-jährige Techniker Edward Snowden einer Auslieferung in die USA entziehen. Der ehemalige CIA-Mitarbeiter, der zuletzt beim Abhördienst NSA im Einsatz war, enttarnte sich am Sonntag selbst.

 

Snowden floh mit geheimen NSA-Dokumenten von Hawaii nach Hongkong und übergab sie den Medien. Er wolle mit dem Geheimnisverrat die ausufernde Überwachung öffentlich machen, sagte Snowden dem britischen „Guardian“. Er suche nun „Asyl bei jedem Land, das an Redefreiheit glaubt und dagegen eintritt, die weltweite Privatsphäre zu opfern“, erklärte Snowden der „Washington Post“.

Auf Asyl in seinem Wunschziel Island hat er jedoch vorerst keine Chance. Ein Verfahren könne nur im Land selbst eingeleitet werden, teilte die isländische Botschafterin in Peking, Kristín Árnadóttir, der „South China Morning Post“ am Montag mit. Zum Asylwunsch des 29-Jährigen äußerte sie sich nicht.

Zugleich könnte Snowden mit einem Asylantrag in der Hafenmetropole viel Zeit gewinnen. Er könne sich auf diese Weise zumindest vorübergehend gegen einen Auslieferungsantrag aus den USA wehren, erklärte der Asienexperte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Hongkong, Nicholas Bequelin. Bislang scheint Snowden aber keinen Asylantrag gestellt zu haben. Der Reporter der britischen Zeitung „Guardian“, der ihn in einem Hongkonger Hotel interviewt hatte, sagte der „South China Morning Post“, es habe bislang keinen Kontakt zwischen Snowden und den Behörden Hongkongs oder der USA gegeben.

In Washington wurden erste Rufe nach einer Auslieferung Snowdens laut. Der Republikaner Peter King, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses, forderte, erste Schritte für eine Überstellung in die USA einzuleiten. Er rief außerdem zu einer „Strafverfolgung mit der vollen Härte des Gesetzes“ auf, sollten die anlaufenden Ermittlungen Snowden als Informanten bestätigen.

Snowden arbeitete als technischer Assistent

Snowden war nach eigenen Angaben die vergangenen vier Jahre als Mitarbeiter externer Unternehmen bei der NSA tätig. Nach den von ihm enthüllten Dokumenten sammelt der US-Geheimdienst in großem Stil Daten bei Internet-Diensten wie Google, Facebook, Microsoft, Apple und Yahoo. Das Programm trägt demnach den Codenamen „PRISM“.

„Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles was ich mache und sage aufgenommen wird“, sagte Snowden dem „Guardian“. Er zeichnete eine noch größere Dimension der Datensammlung als die von ihm enthüllten Dokumente andeuten: „Die NSA hat eine Infrastruktur aufgebaut, die ihr erlaubt, fast alles abzufangen.“ Damit werde der Großteil der menschlichen Kommunikation automatisch aufgesaugt. „Wenn ich in ihre E-Mails oder in das Telefon ihrer Frau hineinsehen wollte, müsste ich nur die abgefangenen Daten aufrufen. Ich kann ihre E-Mails, Passwörter, Gesprächsdaten, Kreditkarten-Informationen bekommen.“

Snowden war nach eigenen Angaben erst technischer Assistent bei der CIA und agierte danach bei der NSA, die auf Überwachung von Kommunikations-Infrastruktur spezialisiert ist, als Mitarbeiter mehrerer externer Unternehmen wie die Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton und der PC-Hersteller Dell. Booz Allen bestätigte am Sonntag, dass Snowden ein in Hawaii stationierter Mitarbeiter war - weniger als drei Monate lang. Der Arbeitgeber distanzierte sich von ihm: Die Berichte über einen Geheimnisverrat seinen „schockierend“ und „eine Verletzung der Grundwerte unserer Firma“.

Die US-Regierung hatte erst wenige Stunden vor Veröffentlichung der Interviews eine ausufernde Daten-Sammlung mit Hilfe von „PRISM“ bestritten. „„PRISM“ ist kein geheimes Programm zum Sammeln oder Aufsaugen von Daten“, erklärte der nationale Geheimdienstdirektor James Clapper. „Es ist ein internes Computersystem der Regierung.“ Es diene dazu, das gesetzlich erlaubte Sammeln von Informationen bei der Auslandsaufklärung zu unterstützen.