Bis März fuhr Leo Express zwischen Berlin und Stuttgart die grünen Züge. Nun ist der deutsche Ableger pleite – und die Ex-Partner sind heftig zerstritten. Die Folge: Die DB AG hat auf der wichtigen Strecke keine Billigkonkurrenz mehr.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin/Stuttgart - Der bisherige Flixtrain-Partner Leo Express hat für seinen deutschen Ableger Insolvenz angemeldet. Das tschechische Unternehmen fuhr bis ins Frühjahr täglich die grünen Züge zwischen Berlin und Stuttgart in Konkurrenz zur Deutschen Bahn AG. Flixtrain stellte die Verbindung am 19. März wegen der Corona-Pandemie ein. Beide Partner konnten sich nicht über einen finanziellen Ausgleich und die Wiederaufnahme einigen.

 

Nun erhebt Leo Express schwere Vorwürfe. Die Vertragskündigung sei rechtswidrig und man habe erhebliche Forderungen, die Flixtrain „nicht bezahlen will oder kann“, erklärte ein Sprecher der Zentrale in Prag. Der Insolvenzverwalter werde die Ansprüche gegen den Ex-Partner weiter verfolgen. Flixtrain sei der wiederholten Forderung nicht gefolgt, den Zugbetrieb auf der Strecke wieder aufzunehmen. Leo Express habe dazu mit 50 Mitarbeitern und 30 Wagen bereitgestanden, als sich die Corona-Lage im Sommer gebessert habe.

Verbindung Berlin-Stuttgart soll wieder angeboten werden

Flixtrain ist ein Ableger von Flix Mobility in München, das Unternehmen hat in wenigen Jahren den Fernbus-Markt in vielen Ländern Europas erobert. Wie auf der Straße operiert Flix auch auf der Schiene ausschließlich mit Subunternehmern, die das Fahrgeschäft mit ihren Busfahrern und Lokführern übernehmen. Flix nutze hier seine monopolartige Stellung rücksichtslos aus, kritisiert Leo Express.

Eine Flix-Sprecherin erklärte bereits vor Wochen auf Anfrage, dass man das Ende der Kooperation bedauere. Die aktuelle Situation sei „eine große Herausforderung für die gesamte Mobilitätsbranche“, davon seien auch die Partner betroffen. Flixtrain werde allen finanziellen Verpflichtungen nachkommen. Die Verbindung zwischen Berlin und Stuttgart werde man den Kunden „mittelfristig wieder anbieten“.

Der Zwist zwischen Flixtrain und den Partnern hatte sich nach Einstellung des Verkehrs Mitte März verschärft. Schon im Frühjahr hatte Berlin Touristik Express (BTE) die Kooperation auf den Strecken Berlin-Köln und Köln-Hamburg mit dem Hinweis beendet, die Fortführung unter den wegen Corona verlangten Änderungen sei unmöglich. Inzwischen hat Flixtrain zwei neue Partner gefunden und will künftig unter anderem die Strecke Berlin-Hamburg anbieten.

Privatbahnen sehen sich von der Politik benachteiligt

Viele Privatbahnen stehen wirtschaftlich schwer unter Druck, weil wegen der Pandemie die Fahrgastzahlen und Einnahmen stark gesunken sind. Die Branche sieht sich von der Politik benachteiligt, weil die bundeseigene DB AG ihre ICE- und Intercity-Flotte weiterfahren konnte und dafür einen milliardenschweren Ausgleich vom Staat erhalten soll.

Das Vorgehen der Bundesregierung führe „de facto zur Entstehung von Monopolisten für den Schienen- und Busverkehr“, kritisiert Leo Express. Bis es faire Bedingungen für private Fernverkehr-Anbieter in der Bundesrepublik gebe, werde man sich auf den Regionalverkehr konzentrieren. In Tschechien, Polen und der Slowakei habe Leo Express bewiesen, dass Schienenverkehr im Wettbewerb erfolgreich betrieben werden kann.

Flixtrain hatte seine Kunden über Monate hinweg verunsichert. Zugtickets für die Strecke zwischen Berlin und Stuttgart wurden online angeboten und waren buchbar, wurden aber später storniert und dafür Busreisen angeboten. In der Branche heißt es, Flixtrain tue sich schwer, neue Partner zu finden, da ähnlich wie bei Flixbus die Bedingungen als nicht sehr attraktiv gelten.

Deutschen Bahn wieder Monopolist

Das Zerwürfnis mit Leo Express nutzt der DB AG, die mit ihrer ICE-Flotte nun wieder Monopolist auf der Schiene ist zwischen Berlin und Stuttgart. Flixtrain hatte mit den täglich zwei Verbindungspaaren und Tiefpreisen ab 10 Euro dem Staatskonzern einige Kunden auf der lukrativen Strecke abgejagt. Nach bisherigen Plänen sollen die grünen Züge künftig zwischen Berlin und Hamburg der DB Konkurrenz machen.

Flixtrain hat für die bisher geplante Angebotsoffensive eine Flotte aus 135 früheren DB-Interregio-Wagen im Talbot-Werk Aachen modernisieren lassen. Als neue Partner wurden das Bahnunternehmen IGE aus dem fränkischen Hersbruck und die Schienenverkehrsgesellschaft (SVG) in Stuttgart gewonnen.

Das politische Ziel von mehr Wettbewerb wurde verfehlt

Die grünen Züge fahren nach drei Monaten Stillstand wegen Corona erst seit 23. Juli wieder. Bedient werden die Strecken Berlin-Köln und Köln-Hamburg, mit Berlin-Hamburg wäre ein effizienter Dreiecksverkehr zwischen den drei Metropolen möglich. Die DB AG hat gerade angekündigt, den Halbstundentakt zwischen den beiden größten deutschen Städten auszubauen und auch die Verbindungen zwischen der Hauptstadt und Westdeutschland zu erweitern.

Für Branchenexperten ist offensichtlich, dass der Staatskonzern dabei auch die Pläne privater Anbieter im Auge hat. Im Fernverkehr auf der Schiene ist die DB AG mit rund 99 Prozent Marktanteil auch 26 Jahre nach der Bahnreform fast noch Monopolist. Das politische Ziel von mehr Wettbewerb wurde verfehlt.