Die Münchner TV-Sendergruppe Pro Sieben Sat 1 steigt als erster Medienkonzern in die oberste Börsenliga auf.

Stuttgart - Thomas Ebeling ist nach jahrelangem Kampf, bei dem es zeitweise ums wirtschaftliche Überleben ging, am Ziel. „Wir freuen uns sehr, in den deutschen Leitindex aufgenommen zu werden“, erklärte der Vorstandschef von Pro Sieben Sat 1 nach einer Entscheidung der Deutschen Börse, die Aktie der Münchner TV-Gruppe zum 21. März in die Gruppe der hier zu Lande 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen zu hieven. Pro Sieben Sat 1 verdrängt dort den Rohstoffkonzern K+S, der in den M-Dax absteigt. Den Aufstieg seines Unternehmens sehe er als Würdigung der Arbeit vergangener Jahre und Ansporn weiter erfolgreich zu bleiben, erklärte der 56-jährige Medienmanager gewohnt nüchtern.

 

2016 soll ein Rekordjahr werden

Ein Mann der lauten Töne war er noch nie und Stolz lässt er betont beherrscht durchschimmern. Als der ehemalige Pharmamanager 2009 von Novartis zu Pro Sieben Sat 1 kam, waren dort noch die Finanzinvestoren KKR und Permira am Ruder. Diese hatten Pro Sieben Sat 1 zeitweise so stark ausgeplündert, dass die aus dem Untergang des Kirch-Imperiums hervorgegangene Sendergruppe schon als Pleitekandidat gehandelt wurde. Dem in der Medienwelt unerfahrenen Ebeling gaben damals die wenigsten Beobachter große Chancen.

Heute ist die Welt für ihn und Pro Sieben Sat 1 eine andere. Die Investoren haben sich 2012 verabschiedet und die TV-Gruppe hat ein Erfolgsrezept gefunden. 2015 war mit einem 13-prozentigen Umsatzplus auf 3,3 Milliarden Euro ein Rekordjahr für Pro Sieben Sat 1. Im laufenden Jahr fasst Ebeling gleich die nächste Rekordrunde mit mindestens einem Zehntel Umsatzzuwachs ins Auge.

An der Börse werden die Münchner mittlerweile mit gut zehn Milliarden Euro bewertet, was zwar im Kreis der Dax-Konzerne nicht gerade Aufsehen erregt, aber für ein Unternehmen, dessen Aktien vor wenigen Jahren noch als Pennystocks gehandelt wurden, doch beachtlich ist. Die Münchner sind im Deutschen Aktienindex zudem der erste und einzige Medientitel, was dem wichtigsten deutschen Börsenindex Farbe verleiht.

Entscheidendes Element der fast filmreifen Erfolgsgeschichte von Pro Sieben Sat 1 ist eine von Ebeling verordnete Diversifikationsstrategie, mit der sich die Bayern vom traditionellen Fernsehgeschäft zunehmend unabhängig machen. Nur noch 60 Prozent aller Umsätze entfallen darauf. Die anderen vier Zehntel spielen die in den sechs eigenen TV-Sendern kostengünstig beworbene Internetplattformen ein, wie das im vergangenen Jahr zugekaufte Vergleichsportal Verivox und andere Digitalgeschäfte. Ihr Umsatzanteil soll bis 2018 auf die Hälfte anwachsen, auch durch weitere Zukäufe, von denen sich Pro Sieben Sat 1 voriges Jahr 20 geleistet hat. Obwohl die Mediengruppe ungebrochen auf Einkaufstour ist und das einiges Geld kostet, ist auch der Jahresüberschuss voriges Jahr um knapp fünf Prozent auf 391 Millionen Euro geklettert. Aktionären bringt das eine von 1,60 auf 1,80 Euro erhöhte Dividende.

Großer Vorsprung vor RTL

Ebeling ist sich sicher, dass es in diesem Stil nicht nur dieses Jahr, sondern auch darüber hinaus weitergeht. Das hat sein Haus zu einem geschätzten Partner gemacht. Vorigen Sommer haben Pro Sieben Sat 1 und der Axel Springer Verlag sogar über eine Fusion verhandelt. Zwar ist daraus letztlich nichts geworden, angeblich weil man sich in Führungsfragen nicht einigen konnte. Aber die Episode zeigt, dass die TV-Gruppe mittlerweile mit Konzernen auf Augenhöhe agiert, die lange auf Pro Sieben Sat 1 herunterblicken konnten. Auch im traditionellen Fernsehgeschäft sind die Münchner auf dem Vormarsch. Neben den etablierten Sendern Pro Sieben, Sat 1 und Kabel 1 wurden zuletzt die neuen Kanäle Sixx, Gold und 7Maxx erfolgreich am Markt platziert. Das ließ den Zuschauermarktanteil bei 14- bis 49-jährigen 2015 hier zu Lande von 28,7 auf 29,5 Prozent wachsen.

Gegenüber der RTL-Gruppe als wichtigstem Konkurrenten mit 24,3 Prozent ist das ein satter Vorsprung. Auch im TV-Werbemarkt gewinnen die Münchner Marktanteile hinzu. 44,4 Prozent waren es hier 2015 nach 44,0 Prozent ein Jahr zuvor. 4,2 Milliarden Euro Umsatz hat Ebeling für 2018 als Ziel ausgegeben, knapp ein Viertel mehr als heute und das ohne die Profitabilität zu verwässern. Der Dax darf auf ein aller Voraussicht nach bleibendes Mitglied hoffen.