Das Tanzverbot an Karfreitag ist ein Anachronismus und gehört abgeschafft. Auch wenn Ostern zu den höchsten Festen innerhalb des christlichen Glaubens zählt, ist es allen anderen Menschen, die dazu keinen Bezug (mehr) haben, nicht zuzumuten, ihr Leben danach ausrichten zu müssen. In einer multikulturellen und pluralistischen Gesellschaft haben religiös motivierte Gebote und Verbote keinen Platz mehr. Dies gilt im Übrigen für alle Religionen, zumal den Islam. Wenn sich aus diesen bewegten Zeiten eine Erkenntnis ziehen lässt, dann doch wohl die, dass Religion mehr denn je Privatsache sein muss.

 

Das Tanzverbot steht zudem pars pro toto für ein prinzipielles Manko fast jeder Religion, nämlich das Bedürfnis, öffentliches Leben und eine Gesellschaft mit Geboten und Verboten gestalten und prägen zu wollen. Als moderner und aufgeklärter Mensch empfinde ich diese Bevormundung nicht mehr als zeitgemäß. Bestenfalls werde ich von den Ideen einer Religion überzeugt, ohne dass ihre Vertreter mahnend den Zeigefinger heben müssen.

Mehr denn je ist Achtsamkeit nötig

Wohlgemerkt: Mehr denn je tun Stille, Besinnung und Achtsamkeit not in als chaotisch empfundenen Zeiten wie diesen. Ausweislich einer Umfrage des Statistik-Portals Statista nehmen sich nur elf Prozent aller Deutschen täglich Zeit für innere Einkehr, aber immerhin schon 30 Prozent tun dies einmal oder mehrfach in der Woche. 45 Prozent hingegen seltener bis nie. Da ist noch Luft nach oben. Doch für mehr Achtsamkeit braucht es kein Kreuz und keinen Halbmond. Yoga, Meditation, Autogenes Training, Einkehrtage: die Möglichkeiten, den Geist ohne jegliche religiöse Verbrämung durchatmen zu lassen, sind vielfältig.

Ein Tanzverbot ist da nicht notwendig. Am liebsten lasse ich mich von Menschen überzeugen, die ihre Werte vorbildlich leben, also den fastenden Kollegen, oder den Freunden, die meine Einladung zum Abtanzen am Karfreitag freundlich und begründet ablehnen, indem sie mir die Bedeutung des Osterfests für sie persönlich erklären – ohne Verbot.