Der Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart hat sich in der Winterpause verstärkt. Aber reicht das auch aus für den Abstiegskampf?

Stuttgart - Am Samstag startet der VfB Stuttgart in die Rückrunde der Fußball-Bundesliga. Um 15.30 Uhr empfängt der Verein den FSV Mainz 05. Die große Frage ist: Hat sich der VfB auf dem Transfermarkt ausreichend verstärkt? Darüber gehen auch in unserer Redaktion die Meinungen auseinander.

 

Ja, die Veränderungen sind plausibel, sagt Dirk Preiß

Zahlreiche Trainingseinheiten, jede Menge Arbeit, klare Ansagen des Trainers – und mindestens zwei Neuzugänge: Das ist die VfB-Bilanz vor dem Rückrundenstart gegen den 1. FSV Mainz 05, die vielen Beobachtern zu mau ausfällt, vor allem beim Blick auf die überschaubare Blutauffrischung des Kaders. Aber seien wir ehrlich: Was war denn hier zu erwarten? Dass der VfB der Konkurrenz die besten Spieler abluchst? Kein Club der Welt gibt in der Winterpause seine wichtigsten Akteure ab – die Konstellation mit Mario Gomez und dem VfL Wolfsburg im vergangenen Winter war da eine der seltenen Ausnahmen.

Sicher, an der Notwendigkeit der personellen Nachbesserung bestand kein Zweifel – vor allem im Bereich Powerfußball. Den sollte und wollte der VfB ja schon unter Tayfun Korkut spielen, der Plan scheiterte aber nicht nur am zaudernden Trainer, sondern auch an den fehlenden Bausteinen dafür – ganz unabhängig von Verletzungen. Da sind einige Pläne (noch) nicht aufgegangen, die Nachjustierungen durch die Verpflichtungen von Steven Zuber und Alexander Esswein ergeben also durchaus Sinn.

Beide fallen zwar sicher nicht unter die Rubrik Superstar, kennen aber die Bundesliga, sind (bis auf Zubers leichte Knöchelblessur) körperlich auf der Höhe und stehen für das, was dem VfB in der Hinrunde fehlte. Was weniger Sinn ergeben hätte: den Kader im Winter aufzublähen mit Ergänzungsspielern aus aller Herren Länder, die nur auf den ersten Blick die Gier nach neuen Gesichtern befriedigen, aber nicht wirklich weiterhelfen.

Statt langwieriger Integrationsprozesse braucht es im Team des VfB nun ein bedingungsloses Bekenntnis zur Leistungsbereitschaft – vor allem von jenen, die den Karren in den Dreck gefahren haben. Die vorhandene Luft nach oben bei jedem Einzelnen ist zwar keine Garantie auf Besserung in den folgenden 17 Spielen. Sie bietet, gemeinsam mit den getätigten Justierungen am Kader, aber genügend Potenzial, um das Klassenziel zu erreichen. Im kommenden Sommer muss das Gesamtkonstrukt VfB-Kader mitsamt der Personalpolitik des Sportvorstandes Michael Reschke dann aber grundsätzlicher auf den Prüfstand.

Nein, die Verstärkungen reichen nicht aus, sagt Heiko Hinrichsen

Natürlich lässt sich nicht in jeder Winterpause ein Großkaliber vom Schlage eines Mario Gomez verpflichten, so wie das Michael Reschke in der Vorsaison in sportlich ähnlich prekärer Lage gelungen ist. Schließlich ist das Spielerkarussell zum Jahreswechsel vornehmlich mit von der Hinserie enttäuschten Kickern besetzt.

Dennoch hätte man dem Sportvorstand Reschke entscheidend mehr Kreativität und Durchschlagskraft auf dem Winterwechselmarkt zugetraut. Schließlich ist der 61-Jährige kein Anfänger. Um den in Hoffenheim nach dem internationalen Aus im Kader überzähligen Steven Zuber sowie den in der B-Elf der Berliner Hertha abgetauchten Alexander Esswein zum VfB zu holen, brauchte es keine allzu große Fantasie. Und gewiss kein internationales Netzwerk auch in Form einer opulenten Scoutingabteilung, so wie sie der VfB sein Eigen nennt. Beide Spieler kamen mit Kusshand an den Neckar, wo sie – was aus ihrer Sicht nur legitim ist – ihre Karrieren wieder befeuern wollen.

Der sich anbahnende Wechsel von Ozan Kabak zeugt zwar von mehr Einfallsreichtum, was dem VfB aber dennoch weiter fehlt, ist ein Spieler mit Torjäger-Gen. Auf zwölf kümmerliche Bundesliga-Tore hat es der Club bisher gebracht. Doch auch nach den Transfers von Zuber und Esswein beschäftigen die Cannstatter außer Gomez und dem weiter angeschlagenen Daniel Didavi keinen Offensivspieler, der mehr als 14 Bundesliga-Tore geschossen hat. In seiner gesamten Karriere, wohlgemerkt.

Wenn nun vom VfB zu hören ist, der erste Hunger nach frischen Kräften sei gestillt, dann kann dies beim geneigten Fan zu heftigem Magengrummeln führen. Soll das etwa schon alles gewesen sein angesichts von Tabellenplatz 16 und einer Vorrunde, in welcher dem VfB in zehn von 17 Spielen gar kein Treffer gelang? Was passiert eigentlich, wenn sich Mario Gomez verletzen sollte? Es ist keine Frage: Ein weiterer Mittelstürmer muss her. Das Geld kann der VfB, muss der VfB angesichts seiner ernsten sportlichen Lage bereitstellen. Denn einen erneuten Abstieg würde der Club nicht so wegstecken wie den von 2016. Also gilt noch bis zum 31. Januar, wenn das Transferfenster schließt: Michael Reschke und seine Scouts sind am Zug.