Jugendwort? Ja bitte! Bei Klaus Zintz (62) stellen sich dann immer amüsante Erinnerungen an seine eigene Jugend ein. Lena Appel (22) fühlt sich davon eher als genervt. So dumm spricht doch kein Mensch, meint sie.

Stuttgart - „I bims“ ist das „Jugendwort des Jahres“. Es bedeute, „Ich bin“, teilte der Langenscheidt-Verlag am Freitag in München mit. Zur Auswahl hatten 30 Begriffe gestanden, die zeigen sollen, wie die Jugend von heute spricht. Eine 20-köpfige Jury hatte das Wort gewählt.

 

In einer unverbindlichen Online-Abstimmung war „I bims“ auf dem zehnten Platz gelandet. Spitzenreiter war der Ausdruck „Geht fit“ als Bezeichnung für etwas, das klar geht. Rund eine Million Stimmen waren diesmal abgegeben worden – laut Verlag so viele wie noch nie. Im vergangenen Jahr hieß der Begriff „fly sein“.

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Die Wahl ist eine Werbeaktion des Langenscheidt-Verlags und findet dieses Jahr zum zehnten Mal statt. Anlass genug für unsere Redaktion, die Frage zu diskutieren, ob uns der alljährliche Jugendwort-Trubel gefällt. Die Fronten sind klar: Klaus Zintz (62) möchte das Jugendwort nicht missen. Lena Appel (22) fühlt sich davon mehr als genervt.

Pro: Klaus Zintz amüsiert sich

Klar, das Jugendwort des Jahres ist eine PR-Aktion des Langenscheidt-Verlages. Ebenso klar ist, dass vermutlich die wenigsten Jugendlichen tatsächlich so reden. Dennoch finde ich die Aktion nicht nur für den Veranstalter gelungen. Den Gewinn hat allerdings weniger die Jugend, sondern eher die Eltern und Großeltern. Vor allem wenn die sich schon im Vorfeld die zur Auswahl stehenden Vorschläge zu Gemüte geführt haben. So erfahren sie immerhin, was angeblich beim Nachwuchs so alles abgeht, zumindest wortmäßig. Zudem macht es auch ein bisschen Spaß, wenn sich eben diese Jugend mächtig darüber aufregt, dass die meisten Jugendwörter im Alltag sowieso keine Bedeutung haben und sie wenig mit ihnen anfangen kann – wenn sie dieselben überhaupt schon einmal gehört hat.

Ganz nebenbei fühlt man sich bei diesem Schaulaufen an die eigene Jugendzeit erinnert. Schließlich ist diese Diskussion alles andere als neu, genauso wenig wie die Suche nach Wegen, sich von den Altvorderen abzugrenzen. So kann man genüsslich den Nachwuchs mit Jugendwörtern aus vergangenen Zeiten traktieren und ihn raten lassen, was damit gemeint war, wenn man sich früher zusammen mit einem steilen Zahn zunächst ein Matsch am Paddel gönnte und danach dem Fummelbunker einen Besuch abstattete. Wie bitte? Ist doch klar: Dass man mit einem attraktiven Mädchen erst ein Eis am Stiel genossen hatte und dann in die Disko ging. Ob die Anbandelei tatsächlich so ablief, sei dahingestellt, genauso wie die Frage, ob die Wahl eines Jugendwortes sprachwissenschaftlich gesehen wirklich sinnvoll ist.

Kontra: Lena Appel regt sich auf

Was junge Leute angeblich geil finden: „Tacken“ – sie sitzen auf dem Klo und schicken Nachrichten. In ihrer Freizeit „fernschimmeln“ sie. Wegen ihrer sozialen Isoliertheit tun sie sich „vong“ korrekter Grammatik schwer. Klingt, als wären sie faul und dumm. Dabei ist das das Vokabular, das Langenscheidt bei der Schlacht ums Jugendwort für sie bestimmt hat. Der Verlag sagt, die Auswahl sei zu 100 Prozent Jugendsprache.

Diese Annahme „geht nicht fit“, mit anderen Worten: Sie ist dreist. Diese Neologismen sind auf jung getrimmte Wortgespinste, die das Denkniveau Jugendlicher reduzieren. Gleichzeitig sind sie intellektuelle Herausforderungen: Bei „Squad“, „Dab“, „GEGE“, „lit“ und „looten“ fragt man sich, ob junge Menschen jetzt in Programmiersprache kommunizieren. Selbst mit „Ahnma“-Taktik (ich versuche, zu verstehen) gelingt das Enträtseln nicht. Eine Schlussfolgerung wäre, dass die Jury Unverständlichkeit mit Originalität verwechselt. Die andere, dass Jugendliche doch dumm sind, weil sie die Sprache nicht raffen beziehungsweise noch nie gehört haben.

Immerhin traut man jungen Menschen politisches Wissen zu. Sie schmeißen angeblich mit Ausdrücken wie „trumpeten“ oder „merkeln“ um sich. Tatsächlich kann auch ein 17-Jähriger seine Meinung über Politiker qualifiziert und in vollständigen Sätzen äußern. Also wieder ein Trugschluss des Entscheidungsgremiums aus Erwachsenen, YouTubern und Co. Jugendliche sollten die schwachsinnigen Wortspiele trotzdem nicht „unfly“ (uncool) nehmen. Besser begegnet man den Werken von Sprachkünstlern und Verlags-Kaufleuten mit Humor. Lachen befriedigt mehr als Ärgern. Isso „Bruh“ (Bruder)!