Reza Bahar aus Ludwigsburg war für den deutschen Anteil der Produktion von „Die Nonne“ verantwortlich. Es ist sein bisher größtes Filmprojekt. Den Weg in die Branche fand er über Umwege.
Ludwigsburg - Der Film ist eine Leidensgeschichte. In den Klöstern, wo „Die Nonne“ gedreht wurde, war es bitterkalt. Das fällt Reza Bahar zu den Drehtagen der französisch-deutschen Produktion in Maulbronn und im Taubertal als erstes ein. Und dass Martina Gedeck, neben Isabelle Huppert eine Hauptdarstellerin, „wie immer sehr angenehm und professionell“ war. Der Dreh ist fast zwei Jahre her, obwohl „Die Nonne“ erst Anfang November in die deutschen Kinos kam. Und der Ludwigsburger Unternehmer Reza Bahar war dabei nur minoritärer Partner. So heißen im Branchenjargon die Produzenten, die einen kleinen Anteil zum Gesamtwerk beitragen. Für den 37-Jährigen ist es trotzdem ein große Sache: „Die Nonne“ verschafft ihm internationales Renommée.
Bahar entdeckt auf Festivals neue Projekte
Überhaupt kann sich Reza Bahar dieses Jahr sehen lassen: Er hatte mit seiner Firma Gifted Films gleich zwei Kinostarts zu bieten. Im vergangenen April lief „Bastard“ an – und dabei sorgte er nicht nur für Finanzierung und Vermarktung, sondern arbeitete auch am Drehbuch mit, bei der Besetzung und der Ausstattung. Mit seiner ersten Produktion nach dem Studium an der Ludwigsburger Filmakademie wurden gleich die Hofer Filmtage eröffnet. Bei dem mit Preisen ausgezeichneten Psychothriller seines Kommilitonen Carsten Unger ist Martina Gedeck ebenfalls mit von der Partie, Hanns Zischler und Thomas Thieme spielen zudem mit. „Es hat sich langsam und stetig national und international bewährt“, sagt Reza Bahar über sein Geschäft. Mit der deutsch-französisch-ägyptischen Produktion „Round Trip“ machte er im vergangenen Jahr erstmals international auf sich aufmerksam.
Sein Unternehmen ist hauptsächlich ein Ein-Mann-Betrieb, im Kölner Ableger von Gifted Films ist ein fester Mitarbeiter tätig. Auf Festivals und Filmmärkten entdeckt Bahar neue Projekte. In der Entwicklungsphase hat er zunächst mit den Autoren zu tun, in der Hochphase einer Produktion ist er dann für 60 bis 70 Leute verantwortlich. „Beim Film ist es wie mit Immobilien: erst muss man es finanzieren, danach bauen und schließlich vermieten“, erklärt er die Abläufe. „Der Bastard“ in die Kinos zu bringen, hat fünf Jahre gedauert. „Die Nonne“ hat ihn seit Ende 2010 beschäftigt. Gerade einmal ein halbes Dutzend Produktionen hat Reza Bahar bisher abgewickelt. „Man geht einen langen Weg, bis alles fertig ist“, sagt er.
Der nächste Film ist eine Dokumentation über Hip-Hop
Auf Umwegen ist der 37-Jährige zu seinem Beruf gekommen. Während einem Wirtschaftswissenschaftsstudium hatte er die Idee, interaktive Filme für Firmen zu entwickeln, die es dem Betrachter ermöglichen, die Handlung voranzutreiben. Zwölf Jahre liegt seine erste Produktion zurück. „Ich fand es extrem spannend, danach hatte ich eigentlich gesucht“, beschreibt er den Prozess: In einem normalen Unternehmen stehe immer das gleiche Produkt im Mittelpunkt, das Auto etwa oder ein Handy; mit jedem Film eröffneten sich immer wieder neue Welten. Als Laufbursche stieg er ins Filmgeschäft ein, stieg bis zum Regieassistenten auf und landete an der Filmakademie.
Momentan taucht Bahar in die Welt des deutschen Hip-Hop ein: „Blacktape“ heißt die Dokumentation von Sékou Neblett, einst Mitglied der Formation Freundeskreis. Parallel dazu steckt er in „Uncertain Border“, grob übersetzt: ungewisse Grenze. Der grenzüberschreitende Streifen spielt in Italien und im Schwarzwald. Im Jahr 2015 wird er also auch mit zwei Filmen ins Kino kommen. Bis dahin bewegt sich Reza Bahar aber sicher wieder in neuen Sphären. Internationale Stoffe für Schauspiel-Kaliber wie Al Pacino lägen schon in seiner Schublade, sagt er. „Das ist mein Traum, das würde ich gerne realisieren.“
Vom Student zum Filmproduzent
Talentiert
Reza Bahar hat 2008 sein Studium an der Ludwigsburger Filmakademie mit einem Diplom in International Filmproducing abgeschlossen. Drei Jahre zuvor hat er eine Produktionsfirma gegründet. Gifted Films heißt das Unternehmen, was übersetzt „talentierte Filme“ bedeutet. Sein Ziel ist es nämlich, „mit Talenten, die authentische sowie fantasiereiche Geschichten erzählen wollen“, zusammenzuarbeiten. Ein erster Erfolg war die Low-Budget-Produktion „Teenage Angst“, die auf der Berlinale 2008 zu sehen war. Vor rund einem Jahr übernahm der heute 37-Jährige eine weitere Produktionsfirma in Köln und gab ihr den Namen Gifted Films West. Mehr dazu online unter www.giftedfilms.de.
Anschaulich
Die internationale Koproduktion „Die Nonne“, bei der Reza Bahar für den deutschen Anteil an der Produktion mitverantwortlich war, ist in Ludwigsburg noch drei Mal zu sehen. Der Film läuft am Mittwoch, 27. November, um 17.45 Uhr im Luna sowie am Samstag, 30. November, und am Sonntag, 1. Dezember, um 17.30 Uhr im Caligari. Am 11. Dezember kann man sich die Arbeit von Bahar im SWR ansehen: Um 22 Uhr ist der Spielfilm „Bastard“ im TV-Programm.