Nach der Anklage gegen seine Kollegen geht ein Professor die Staatsanwälte scharf an: sie hätten schlampig und einseitig ermittelt. Die Turbulenzen an der Hochschule hat der Jurist wiederholt mit angefacht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Anklage zur Zulagenpraxis an der Beamtenhochschule noch nicht offiziell bestätigt, da bekam sie aus Ludwigsburg schon kräftigen Gegenwind. Auf Facebook nahm ein – nicht betroffener – Professor seine 15 Kollegen gegen den Vorwurf der schweren Untreue und der Beihilfe dazu in Schutz. „Äußerst schlampig und einseitig“ hätten die Staatsanwälte ermittelt und „entlastende Zeugenaussagen nicht einmal protokolliert“. Er sei sicher, dass die Angeschuldigten in einem Prozess rehabilitiert würden.

 

Beweise unterdrückt zu haben – das wäre ein schwerer, sogar justiziabler Vorgang. Man habe „sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände ermittelt“, so die Staatsanwaltschaft. Kritik an ihrer Arbeit sei dem Professor unbenommen, man werte sie aber nicht als strafrechtlich relevanten Vorwurf; folglich prüfe man nicht in diese Richtung.

In der Front gegen die Rektorin

Die Beamtenhochschule wollte zur Attacke des Juristen auf die Justiz gar nichts sagen; besonders glücklich soll der neue Rektor darüber nicht gewesen sein. Und das Wissenschaftsministerium teilte allgemein mit, man dürfe „aufgrund des Personaldatenschutzes leider keine Stellungnahme zu dienstrechtlich relevanten Vorgängen abgeben“. Zuständig für etwaige Verfehlungen von Professoren sei das Rektorat.

Es ist nicht das erste Mal, dass der in herausgehobener Funktion tätige Professor – er soll zu seinem Schutz hier nur F. heißen – Wirbel macht. An der Hochschule gilt er als offen, aber auch impulsiv, immer wieder fachte er die Turbulenzen um die frühere Rektorin Claudia Stöckle mit an. F. gehörte zu jenen Dozenten, die seit 2014 massiv Front gegen Stöckle machten. Wiederholt bescheinigte er ihr „mangelnde Führungskompetenz“, schon früh drang er auf ihre Ablösung. Im Sommer trug er dazu bei, dass die Staatsanwaltschaft gegen Stöckle ermittelte. Wechselseitige Zuwendungen zwischen ihr und dem damaligen Hochschulratschef röchen nach Korruption. Selbst als das Ministerium die Vorwürfe schon verworfen hatte, drang F. noch mal auf Aufklärung – zunächst mit Erfolg. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, stellte sie drei Monate später aber wieder ein; es gebe keinen ausreichenden Tatverdacht. Beamte dürften durchaus Strafanzeige erstatten, stellt das Ministerium heute klar – nur nicht missbräuchlich, also ohne jeden Anhaltspunkt. Ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung gegen F. wurde später eingestellt. Begründung: Er habe sich auf eine rechtliche Einschätzung aus dem Ludwigsburger Landratsamt gestützt, das den nicht haltbaren Verdacht nährte.

Konflikte mit Studenten und Prorektorin

Damit nicht genug. Als die erste Abwahl Stöckles scheiterte, ging F. die Studenten im Senat massiv an; sie betrieben ein „falsches Spiel“. Später entschuldigte er sich für die Attacke: Er habe niemanden unter Druck setzen wollen. Auch Professoren seien nur Menschen, er sorge sich eben um die Zukunft der Hochschule. Anfang 2015 war F. offiziell der Grund, aus dem sich die damalige Prorektorin von ihrem Amt entbinden ließ: Sie habe von ihm persönlich bedroht gefühlt. Der Professor bestritt eine Bedrohung; er habe der Prorektorin nach einer turbulenten Sitzung nur gesagt, sie solle sich schämen.

Zumindest von einer Seite bekam F. Zuspruch für seinen Angriff auf die Staatsanwälte. „Respekt für Ihren Mumm, hier Meinung zu beziehen“, antwortete ihm der Bundesvorsitzende der Steuergewerkschaft und Hochschulrat Thomas Eigenthaler. Er finde es gut, wenn die Vorwürfe nun von einem unabhängigen Gericht geklärt würden. Das Ergebnis der Staatsanwaltschaft, so Eigenthaler, sei schließlich „nur eine Meinung“ – Betonung auf eine.