Der deutsche Profifußball will möglichst bald wieder spielen – gleichzeitig aber den Eindruck vermeiden, er beanspruche eine Sonderrolle. Die DFL hat daher dringende Ermahnungen an die Clubs verschickt, auch an den VfB Stuttgart.

Stuttgart - Der Appell aus Frankfurt ging Ende vergangener Woche beim VfB Stuttgart ein und trug die Unterschrift von Steffen Schneekloth. Die Bitte des Rechtsanwalts und Präsidenten von Holstein Kiel, der sich nun in seiner Funktion als Präsidiumsmitglied der Deutschen Fußball-Liga (DFL) an die 18 Zweitligisten wandte: Man möge sich in diesen schwierigen Zeiten künftig bitteschön zurückhalten mit öffentlichen Äußerungen zum Überlebenskampf des deutschen Profifußballs und zur erhofften Wiederaufnahme des Spielbetriebs.

 

Beim VfB wäre diese Ermahnung nicht nötig gewesen – bei den Stuttgartern ist in den vergangenen Wochen kein Verantwortungsträger dadurch auffällig geworden, dass er die Debatte mit schlagzeilenträchtigen Einlassungen angeheizt hätte. Anders sieht es bei anderen Proficlubs aus, weshalb auch die 18 Erstligisten Post von der DFL bekommen haben. Geschäftsführer Christian Seifert und Aufsichtsratschef Peter Peters sollen darin die Vielstimmigkeit der Äußerungen und fehlende Sensibilität aufseiten mancher Clubvertreter kritisiert haben, wie die FAZ berichtete.

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Mit allem Mitteln will die DFL vermeiden, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, der Fußball beanspruche während der Corona-Pandemie eine Sonderrolle. Um nichts anderes geht es zwar, wenn der Ball von Mai an in leeren Stadien wieder rollen soll. Doch wissen die DFL-Strategen genau, dass der Wunsch nach Ausnahmeregelungen noch problematischer wird, wenn aus dem eigenen Lager zu lautstark auf die Bedeutung des Fußballs verwiesen oder mit dem Finger auf andere Vereine gezeigt wird.

Unzweifelhaft daher, was hinter den DFL-Schreiben steckt: der Versuch, vor der für diesen Mittwoch angesetzten Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer die Clubs auf Linie und die größten Schwadronierer zum Schweigen zu bringen.

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Kopfschütteln in der Branche haben in den vergangenen Wochen mehrere Clubvertreter ausgelöst, denen hinter vorgehaltener Hand wahlweise Profilierungssucht, Größenwahn oder Naivität vorgeworfen wurde. Martin Kind etwa, Clubpatron von Hannover 96, überhöhte nicht nur eine mögliche Wiederaufnahme der Spiele mit dem Vergleich mit der Weltmeisterschaft 1954 – er setzte auch noch die Politik unter Druck: „Ich hoffe, und das ist auch meine große Erwartung: dass die Politik jetzt im April das Szenario der Reaktivierung der Strukturen einleitet. Das ist zwingend notwendig.“

Wenig Freunde machte sich auch Peter Hofmann, der Präsident des FC Augsburg, der zum Ärger der Konkurrenz auf vermeintliche Misswirtschaft bei anderen Clubs hinwies: „Wenn es Profivereine gibt, die Ende Mai nicht mehr liquide und daher im Grunde nur einen Monat durchfinanziert sind, dann ist das nicht mehr akzeptabel.“ Mit anderen Worten: die Bundesligisten seien selbst schuld, wenn sie nun trotz ihrer Umsätze in dreistelliger Millionenhöhe die Insolvenz fürchten müssen.

Verärgert war darüber nicht nur die DFL, sondern auch der VfB Stuttgart. Auch wenn es öffentlich niemand gesagt hat.