Viele Clubs aus Stadt und Region geraten in Existenznöte, da der Spielbetrieb ausgesetzt ist und wichtige Einnahmen fehlen. Welche Maßnahmen planen die Teams jetzt? Wir haben uns umgehört.

Stuttgart - Die Corona-Krise bedroht die Bundesligisten in Stadt und Region sowie den Fußball-Oberligisten Stuttgarter Kickers in ihrer Existenz. Seit Wochen ist der Spielbetrieb unterbrochen, dadurch bleiben Zuschauereinnahmen aus. Die Gehälter der Profisportler, Trainer und Vereinsmitarbeiter müssen dabei weiter bezahlt werden, ebenso wie Mieten für Büros. Die Geschäftsführer von Handball-, Basketball- und Eishockeyvereinen und der Volleyballerinnen beschäftigen sich deshalb erstmals mit den Fallstricken des Sozial- und Arbeitsrechts. Gleichzeitig ist die Fansolidarität trotz der Belastungen durch die Auswirkungen des Coronavirus ungebrochen. Welche Maßnahmen planen die Teams jetzt? Ein Überblick.

 

• TVB Stuttgart Spieler und Mitarbeiter des Handball-Bundesligisten verzichten auf Teile ihres Gehaltes. Ziel sei es, den Verein unbeschadet durch diese schwierige Phase zu führen, hieß es von Vereinsseite. Am Freitag wurde darüber hinaus der Antrag zur Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit eingereicht. „Der erste Baustein zur Überwindung der Krise ist durch die Anmeldung zur Kurzarbeit sowie den Gehaltsverzicht aller Angestellten des TVB getan. Um den Bundesliga-Handball in der Region Stuttgart erhalten zu können, benötigen wir jedoch auch die Unterstützung unserer Sponsoren, Dauerkarten-Inhaber und Fans“, sagt TVB-Geschäftsführer Jürgen Schweikardt.

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Allianz MTV Stuttgart „Wir haben für die Spieler, deren Verträge noch länger laufen Kurzarbeit beantragt“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion. Die Unterschriften der Spielerinnen lägen vor, man hofft, die Maßnahme werde rückwirkend zu Mitte März genehmigt. Für das Team hinter der Mannschaft, das hauptsächlich aus der Sportlichen Leiterin Kim Renkema und Irion besteht, stünde Kurzarbeit noch nicht zur Diskussion. „Es war so viel zu regeln, und wir haben beide noch zig Urlaubstage aus dem Vorjahr“, sagt Irion. Der müsste zunächst restlos genommen werden, ehe Kurzarbeit möglich ist. Der müsste zunächst restlos genommen werden, ehe Kurzarbeit möglich ist. Um wirtschaftlich über die Runden zu kommen, hat der Verein eine Unterstützer-Aktion gestartet. Für kleine zweistellige Beträge können Fans ein virtuelles Ticket erwerben, außerdem prangt der eigene Name auf Klatschpappen in der kommenden Saison. „Wir haben großartige Rückmeldungen unserer Fans bekommen, die Tickets laufen relativ gut“, sagt der Geschäftsführer.

• Stuttgarter Kickers „Fakt ist, dass wir stark am kämpfen sind. Wir haben seit fast vier Monaten keine Heimspiele. Es sind also in diesem Zeitraum Aufwendungen entstanden, denen kaum Erträge gegenüberstehen“, sagte Kickers-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer am Freitag. Der Traditionsverein aus der Fußball-Oberliga hat zum jetzigen Zeitpunkt bereits eine Liquiditätslücke im unteren sechsstelligen Bereich. „Alle Mitarbeiter, die Lohn und Gehalt beziehen, sind bereit, den Verein zu unterstützen, indem sie sich in Verzicht üben“, sagte er. Außerdem haben Mitglieder der Fanszene der Blauen ein „Retterpaket“ initiiert, das einen Fanschal, ein Geisterticket und ein Flasche Desinfektionsmittel beinhaltet, die einem Altenheim gespendet wird. Knapp 25 Euro gehen pro Paket an den Verein. „Innerhalb von 24 Stunden waren die über 200 Pakete ausverkauft. Ein Indiz, dass die Kickers-Familie einmal mehr zusammen hält“, sagte Pfeifer.

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Bietigheim Steelers Die Saison des Eishockey-Zweitligisten war bereits durch das Ausscheiden in den Pre-Play-offs beendet, die Verträge einiger Spieler laufen dennoch weiter. „Keiner weiß wie es in unserem Sport weitergeht, man hat die Spieler auf dem Lohnzettel, will eine gewisse Stabilität wahren – das ist hart“, sagte Steelers-Geschäftsführer Volker Schoch. Die festangestellten Vereinsmitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit. Auch bei den Spielern habe man alle Möglichkeiten des Arbeitsrechts genutzt. Unterstützeraktionen, mit denen die Steelers-Anhänger ihren Verein über Wasser halten können, gebe es noch nicht, so Schoch: „Unsere Eishockeyfans bangen vielleicht selbst gerade um ihre Jobs, haben Gehaltseinbußen. Wir prüfen, was wir ihnen überhaupt zumuten können.“ Sprade-TV, das Onlineportal auf dem die Spiele übertragen werden, hat unabhängig von den Steelers die Aktion „Hilf deinem Team“ eingerichtet, dabei können Fans Beträge spenden, die den Vereinen zugutekommen.

SG BBM Bietigheim „Viele Leute müssen gerade auf Gehalt verzichten oder um ihren Arbeitsplatz bangen. Dennoch ist der Gehaltsverzicht der Mannschaft und der Mitarbeiter aller Ehren wert und spricht für die Solidarität der SG-Familie“, sagt Bastian Spahlinger, der Geschäftsführer des Handball-Zweitligisten am Freitag. Man habe bereits positive Signale einiger Sponsoren erhalten, dass trotz ausgesetztem Spielbetrieb keine Gelder zurückgefordert würden. Und es gibt Rückendeckung der Fans. „Manche wollen bei uns schon die Dauerkarte für die nächste Saison kaufen“, sagte Sprecherin Ines Kimmich. Im Internet haben die Verantwortlichen des Zweitliga-Teams die Plattform „Heimstärke“ geschaffen, auf der sich Fans, Sponsoren und Verein vernetzen können. „Wir haben auch über andere Aktionen wie Geistertickets nachgedacht“, so Kimmich. In den kommenden Wochen versteigert man Spieltrikots der Männer auf Ebay, die Erlöse kommen allerdings nicht dem Verein sondern der Lebenshilfe Ludwigsburg zugute.

Die Handball-Frauen sind schon im Kurzarbeitmodus

Etwas vorsichtiger äußert sich Torsten Nick, Geschäftsführer der Bundesliga-Frauen der SG BBM. Man wolle allen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen. Die Arbeitszeit der Spielerinnen und Trainer sei bereits auf null gesetzt. Also heißt es: Eher Kurzarbeit denn Gehaltsverzicht bei den Bietigheimer Frauen. Die wenigen Vollzeitkräfte im Umfeld seien derweil nicht in Kurzarbeit geschickt worden. „Wir freuen uns unglaublich über die Solidarität unserer Fans und wollen auch ein Unterstützerpaket mit Blick auf die nächste Saison schnüren“, sagt Nick. Konkretes sei noch nicht verlautbar.