Eine Karriere in der Wissenschaft führt für Frauen heute öfter zu einer Professur als früher. Das ist ein Fortschritt, der auch von staatlichen Fördermitteln abhängt. Das Programm geht jetzt in die Verlängerung. Aber die Details sind noch offen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Wissenschaftsministerin Johanna Wanka erinnert sich noch ziemlich genau, wie absurd ihr die Verhältnisse nach der Wende in Deutschland vorgekommen sind. „In den 1990er Jahren gab es in der Medizin in ganz Deutschland nicht eine Professorin für Gynäkologie“, erzählt die Forschungsministerin, die die erste Hälfte ihres Lebens im Osten der Republik gelebt hat und vor ihrem Einstieg in die Politik Mathematikprofessorin und Rektorin einer Fachhochschule war. „Das war einfach absurd.“

 

Die 1990er Jahre sind lange her. 1992 lag der Frauenanteil bei den Hochschulprofessoren bei 6,5 Prozent bundesweit; in Baden-Württemberg waren es sechs Prozent. Seither hat sich einiges getan, Frauenförderung ist auch in der Wissenschaft kein Fremdwort mehr. 2015 lag der Frauenanteil bei den bundesweit 46 344 Hochschulprofessoren immerhin bei 22,7, im Südwesten bei 20 Prozent.

„Wir wünschen uns noch mehr Dynamik im System“

Dennoch ist es ein knochentrockener Kommentar, wenn Forschungsministerin Wanka und die Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt in Berlin feststellen: „Da ist noch Luft nach oben.“ Immerhin haben die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern jetzt beschlossen, das seit 2008 laufende Professorinnenprogramm zur Förderung der Chancengerechtigkeit in der Wissenschaft fortzusetzen. Die Details soll jetzt eine Arbeitsgruppe von Staatssekretären aushandeln. Offenbar gibt es vor der Bundestagswahl im Herbst keine Chance mehr, sich auf wichtige Eckpunkte wie die Laufzeit und die Fördersumme zu einigen.

Wo die Reise hingehen soll, machten die Vorsitzende der Wissenschaftsministerkonferenz (GWK), die Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt, und Bundesministerin Wanka deutlich: Sie wollen das Programm aufstocken. „Wir wünschen uns noch mehr Dynamik im System“, betonte Quante-Brandt. „Alle bereitgestellten Mittel wurden ausgeschöpft. Die Akzeptanz ist hoch, und das Programm wirkt“, ergänzte Wanka. „Das können wir nicht von allen hoch dotierten Förderprogrammen sagen.“

Von 2008 bis heute wurde laut den beiden Ministerinnen die Erstberufung von 524 Professorinnen mit insgesamt 300 Millionen Euro ermöglicht. Beide sind überzeugt, dass der Frauenanteil in der Wissenschaft seit dem Start des Programms schneller wächst als vorher. Vor allem die außeruniversitären Forschungseinrichtungen machen offenbar größere Fortschritte. Bei Neuberufungen werden zwischen 35 (bei der Leibniz-Gemeinschaft) und 55 Prozent der Professorenstellen (bei der Helmholtz-Gemeinschaft) mit Frauen besetzt. In den Hochschulen sieht es noch lange nicht so gut aus. Dort hat sich laut dem Evaluationsbericht zum Professorinnenprogramm gezeigt, dass viele junge Wissenschaftlerinnen nach der Promotion das Handtuch werfen. Wie da gegenzusteuern ist, soll die Arbeitsgruppe auch erarbeiten.

Baden-Württemberg sichert sich den Löwenanteil an dem Programm für Professorinnen

Auch der Südwesten hat kräftig von dem Programm profitiert. In der ersten Förderperiode (bis 2012) sicherte Baden-Württemberg 46 Professuren für Frauen mit Hilfe dieser Fördermittel ab. Von 2013 bis heute kamen noch einmal 41 Professuren nach Baden-Württemberg. Damit hat der Südwesten in der Konkurrenz um die Fördermittel für 524 unbefristete Stellen von allen Ländern am besten abgeschnitten. „Das zeigt, dass wir überzeugende Konzepte haben“, erklärte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Sie will dieses „wichtige Instrument“ weiter nutzen. Denn „obwohl unser Wissenschaftssystem hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen ausbildet, sind auf der Ebene der Professur noch bei weitem zu wenig Frauen repräsentiert“.