Hundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs haben sich deutsche und französische Schüler gemeinsam mit der Geschichte und der Erinnerungskultur beider Länder auseinandergesetzt. Das Ergebnis haben sie in einem Video festgehalten.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Waiblingen - Vive l’amitié franco-allemande – es lebe die deutsch-französische Freundschaft – mit diesem Satz endet das knapp siebenminütige Video, das den Titel „Denk mal! Im Gedenken Freunde werden“, trägt. Zehn Schülerinnen und Schüler des Waiblinger Staufer-Gymnasiums haben es gemeinsam mit französischen Schülern aus Besançon im Zeitraum von über einem Jahr erarbeitet und dabei festgestellt, dass die deutsch-französische Partnerschaft alles andere als selbstverständlich ist.

 

„Im Ersten Weltkrieg sind die Jungs in ihrem Alter gegeneinander in den Krieg geschickt worden“, sagt Lehrerin Irene Brechtelsbauer, die gemeinsam mit drei Kolleginnen des Staufer-Gymnasiums und zwei Lehrern des Lycée Victor Hugo in Besançon das Video-Projekt betreut hat, das vom Deutsch-Französischen Jugendwerk im Rahmen des Projekts „100 Jahre Ende Erster Weltkrieg, 100 Ideen für den Frieden“ gefördert worden ist.

Neuland betreten

„Die Zusammenarbeit mit den Franzosen war gut“, sagt die 15-jährige Amelie. Die deutsch-französische Freundschaft sei wichtig, damit „so was wie im Ersten Weltkrieg nicht noch mal passiert.“ Mit der Sprache habe es kaum Probleme gegeben, man habe sich gut verständigen können, erzählt Luke, ebenfalls 15 Jahre alt. Dass die Verbindung mit Menschen aus anderen Ländern so einfach funktioniert, hat auch den gleichaltrigen Lionel beeindruckt.

Mit dieser Kooperation hat das Staufer-Gymnasium Neuland betreten, erklärt Katrin Engel. Die Idee, sich in dem Projekt Kriegsdenkmälern zu widmen, sei von einem französischen Kollegen gekommen, den die Lehrerin für Deutsch und Französisch noch aus dem Studium kennt. So kamen die französischen Schüler im Januar dieses Jahres nach Deutschland, zwei Monate später reisten die deutschen nach Frankreich. Gemeinsam gingen sie auf Spurensuche, besuchten Museen und Kriegsdenkmäler und setzten sich mit der unterschiedlichen Art des Gedenkens in beiden Ländern auseinander. Zuvor hatten sie Filme und Comics analysiert, die sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigen. „Durch das Projekt habe ich mich viel persönlicher damit befasst“, sagt die 14-jährige Athina. So entdeckten einige der Jugendlichen auf den Namenslisten an den Gedenkstätten den eigenen Familiennamen. „Mein Urgroßvater war selber beteiligt, das wurde mir erst dadurch klar“, erzählt Anna-Sophia. Die 16-Jährige ist froh, dass sie sich nach anfänglichem Zögern dazu entschieden hat, beim Projekt mitzuarbeiten.

Viel Arbeit

Alle Schüler haben sich freiwillig dazu bereit erklärt und außerhalb des eigentlichen Unterrichts an Workshops und Exkursionen teilgenommen. „Das war extrem viel Zusatzengagement“, betont Katrin Engel. Beispielsweise für Anna-Sophia und Ben, die das Drehbuch für den Film geschrieben und das Material geschnitten haben. „Das war komplizierter als gedacht, auch wegen verschiedener Programme, die dann nicht kompatibel waren“, berichtet der 16-Jährige. Doch auch die anderen Schüler haben viel Zeit, Energie und Arbeit investiert: beispielsweise eigene Texte verfasst und diese für das Video eingesprochen – die Deutschen auf französisch, die Franzosen auf deutsch.

Das Ergebnis dieser Arbeit haben die Jugendlichen nun ihren Mitschülern der zehnten Klassen präsentiert. „Ihr habt etwas ganz Besonderes geleistet“, lobte Irene Brechtelsbauer und auch Schulleiter Volker Losch zeigte sich beeindruckt davon, wie gut es den Projektteilnehmern gelungen ist, „ein Thema, das so lange zurückliegt, in die heutige Zeit zu holen.“

Frieden bewahren

Tatsächlich nehmen die Jugendlichen aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg etwas mit: „Ich merke durch das Projekt, wie gut es ist, dass wir hier in Frieden leben und weiß das auch zu schätzen“, sagt der 15 Jahre alte Marian. „Wir können selbst Erinnerungsarbeit leisten, damit das nicht vergessen wird“, betont Anna-Sophia. Denn das Gedenken zeige auch, „wie wichtig es ist, den Frieden in Europa zu erhalten“, ergänzt die 17-jährige Anna. Deshalb findet Ben es wichtig, andere Jugendliche für das Thema zu interessieren. „Wir haben die Aufgabe, nicht die gleichen Fehler zu machen, die damals gemacht wurden und aufzupassen, dass sich Extremismus nicht ausbreitet“, sagt Luke.

Künftig wolle man alle zwei Jahre an einem Projekt zur deutsch-französischen Verständigung teilnehmen, erklärt Lehrerin Engel. Denn das Projekt hat den Jugendlichen nicht nur „die Augen für den Ersten Weltkrieg geöffnet“, wie Sven berichtet – „wir haben auch neue Freunde gefunden“, sagt der 16 Jahre alte Fridjof.