Sechs Schüler der Verbundschule Rohr haben sich mit der Geschichte des Schulcampus in der NS-Zeit auseinandergesetzt und dabei erstaunliche Entdeckungen gemacht.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Rohr - Orte erzählen Geschichten. Manche zeugen noch heute von längst vergangenen Zeiten. Andere Flecken wiederum haben sich mit den Jahren stark verändert. Sechs Schüler der Verbundschule Rohr haben sich in Vaihingen auf Spurensuche begeben und dem Nationalsozialismus nachgespürt. Zwei Jahre lang haben sich Mario, Tim, Timo, Emir, Stefania und Golden mit der NS-Zeit beschäftigt. „Ich fand es interessant, wie die Menschen früher gelebt haben, wie der Schulalltag der Kinder aussah“, sagt Tim und erklärt, dass die heutige Pestalozzischule 1938 als Ostmarkschule erbaut wurde. Auf dem Gelände sollte eigentlich ein Schul- und Kulturzentrum entstehen, doch der Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 vereitelte die Pläne. Vaihingen hatte kein Geld mehr für die Realisierung. Das Hauptgebäude der Schule wurde zwar saniert, sieht aber heute noch fast genauso aus. Auch das Mäuerchen und die Treppe hinauf zum Schulhof sind erhalten geblieben.

 

Die Albert-Schweitzer-Schule war einst ein HJ-Heim

Die heutige Festwiese wurde in der NS-Zeit für Panzeraufmärsche genutzt. Nach der Begrüßung rollten die Panzer die Ostmarkstraße, die heutige Krehlstraße, hinauf zur Hauptstraße und zur Kurmärkerkaserne, den heutigen Patch Barracks. Die Schüler der neunten Klasse haben aktuelle Fotos geschossen und den historischen gegenübergestellt. Auch der Geschichte des ehemaligen Hitlerjugendheims auf der Rohrer Höhe haben sie nachgespürt. Heute steht dort die Albert-Schweitzer-Schule. „Die Jugendlichen waren so alt wie ich, als sie in den Krieg gezogen sind“, sagt Mario. Der 16-Jährige hat in den vergangenen beiden Jahren vieles über seine Heimat gelernt, wie er sagt. „Das war alles in der direkten Umgebung. Wenn man einmal anfängt, in der Geschichte zu forschen, will man immer mehr wissen.“

Initiiert haben das zweijährige Projekt die Klassenlehrerin Hannah Hofheinz und die Religionslehrerin Andrea Neininger. „Es begann mit der Lektüre des Buchs ‚Als Hitler das rosa Kaninchen stahl’. Die Schüler hatten zahlreiche Fragen zum Nationalsozialismus, auch im Hinblick darauf, dass in der heutigen Zeit wieder rechte Tendenzen in der Gesellschaft erkennbar sind. So haben wir uns entschieden, aus dem Thema ein größeres Projekt zu machen“, sagt Hofheinz.

Die Geschichte erlebbar machen

Neininger hatte die Kontakte zu Elisabeth Marquart, Mitglied der Stolpersteininitiative Vaihingen. Für den Stadtjugendring organisiert sie Führungen durch den Stadtbezirk und bringt den Teilnehmern insbesondere die NS-Zeit näher. Auch mit den Schülern der Verbundschule spazierte sie durch Vaihingen. „Ihr wart eine so tolle Gruppe. Ihr habt das, was ich erzählt habe, nicht nur geschluckt, sondern euch eingebracht, Fragen gestellt und eure eigenen Erfahrungen geschildert“, lobt Marquart das Interesse der Schüler. Gerade die Tatsache, dass sich die Jugendlichen mit der Geschichte in ihrer unmittelbaren Umgebung, nämlich dem Schulcampus in Vaihingen, befasst haben, mache die Vergangenheit für sie erlebbar, sagt Marquart.

Die Ergebnisse ihrer Recherchen haben die Schüler auf Plakaten zusammengefasst. Neben Text und Bild gibt es die Informationen auch akustisch: Die Jugendlichen haben Antworten auf Fragen auf einen Lesestift gesprochen. Hält man diesen auf die Fragen auf den Plakaten, kann man zusätzliche Informationen zur NS-Zeit erfahren. Die kleine Ausstellung ist zunächst in der Verbundschule zu sehen. Im September dann wandert sie in die Albert-Schweitzer-Schule und in die Pestalozzischule.