Tagtäglich fällt in den Impfzentren viel Abfall an. Studierende der Universität Stuttgart haben sich Gedanken darüber gemacht, wie sich das ändern ließe.

Stuttgart-Vaihingen - Tag für Tag entstehen bei den Impfungen gegen Covid-19 große Mengen an Abfall, von der Spritze über die Fläschchen mit dem Impfstoff bis hin zu den Kanülen. An der Universität Stuttgart am Standort Vaihingen haben Studierende der Medizintechnik im Rahmen der Vorlesung „Praktische Entwicklung von Medizinprodukten“ (PEMP) am Institut für Medizingerätetechnik Prototypen entwickelt, die eine automatisierte und ressourcenschonende Art des Impfens ermöglichen sollen.

 

„Die Lehrveranstaltung gibt es seit 2019“, sagt Jan Liu, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut. „Jedes Jahr überlegen wir uns ein aktuelles und sinnvolles Projekt. Angesichts der Tausenden von Tonnen an Müll, die durch die Corona-Impfungen entstehen, lag die Idee für die diesjährige Entwicklungsaufgabe nahe.“

Projekt an der Uni Stuttgart

Ein Semester lang hatten die 37 Studierenden Zeit, in Kleingruppen eigene Impfgeräte zu konstruieren. Für jede Gruppe waren ein Budget sowie Richtlinien für die Größe des zu entwickelnden Geräts vorgegeben. „Innerhalb dieser Rahmenbedingungen sollten sich die Studierenden aber möglichst frei entfalten können“, so Liu.

Während des gesamten Projekts hatten die Studierenden Zugang zum Campus sowie Zugriff auf den 3-D-Drucker des Instituts – allerdings nur in begrenztem Rahmen. Die Bedingungen seien sehr realitätsnah gewesen, sagt die Studentin Allegra Behr. „Man konnte nicht einfach unendlich vieles ausprobieren, sondern musste wirklich vorausplanen“, so die 21-Jährige.

Die begleitende Vorlesung zum Projekt sei hierbei eine große Hilfe gewesen, da sie einen Leitfaden bot, an dem man sich entlanghangeln konnte. „Es ist sehr wichtig, bei der Produktentwicklung methodisch vorzugehen. Am Ende muss man ja rechtfertigen können, warum man sich für bestimmte Schritte entschieden hat“, sagt der 22 Jahre alte Student Michael Da Silva. Da Silvas Teamkollegin, die 21-jährige Jolanda Friedrich, fügt hinzu: „Es war sehr hilfreich, dass wir uns in der Anfangsphase schon klar orientiert haben, wer das Konstruktionsteam ist und wer sich um die Elektronik kümmert. So konnte sich jeder in seinem eigenen Bereich spezialisieren.“

Studenten haben an einem Impfgerät getüftelt

Entscheidende Faktoren für den Erfolg des Projekts seien zudem die Kommunikation untereinander sowie das Vertrauen gewesen. „Es ist eines der größten Vorurteile, dass der Beruf des Ingenieurs rein technisch ist. Wenn man nicht kommunizieren kann, kommt man schlichtweg nicht weiter“, sagt die 21-jährige Studentin Elisabeth Brott.

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Die Aufgabe, innerhalb weniger Monate ein eigenes Impfgerät zu entwickeln, sei lehrreich, aber auch eine große Herausforderung gewesen. „Es gab viele Grundfragen, über die man sich Gedanken machen musste, wie die Auswahl des Motors oder die Art und Weise, wie man präzise die notwendige Menge an Impfstoff nachfüllen kann. Manche haben mit einer Pumpe gearbeitet, andere mit Spindel oder Schrittmotor“, erklärt Brott. Am Ende des Semesters konnten jedoch alle sieben Gruppen ein funktionierendes Impfgerät abgeben – eine Leistung, auf die sie sehr stolz sind.

Meinung von Ärzten aus dem Impfzentrum

„Natürlich sind das trotzdem erst mal nur Prototypen“, sagt Jan Liu. In der Medizintechnik gebe es gewisse Anforderungen, was Funktionalität und Sterilität betreffe. Es fehlten sicherlich noch ein paar Entwicklungsschritte, bevor man über eine klinische Bewertung der Geräte nachdenken könne, so Liu. „Unsere Geräte sind im Prinzip Funktionsmodelle, anhand derer man zeigen kann, dass abfallarmes Impfen grundsätzlich möglich ist. Wir haben Prototypen entwickelt, die funktionieren, kostengünstig und schnell konstruiert sind“, sagt der 28-jährige Student Johannes Ohmann.

Ein spannender nächster Schritt könnte nun sein, sich die Meinung von potenziellen Anwendern einzuholen, etwa von Ärzten aus dem Impfzentrum. „Wir haben jetzt natürlich nur die Sicht aus dem Ingenieurbereich, die sich manchmal von der des Anwenders unterscheidet. Mit dem wichtigen Input aus dem Anwenderbereich könnte man die Entwicklung der Geräte effizient vorantreiben“, so Ohmann.