Schüler des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums aus Bad Cannstatt haben über die Finanz- und Schuldenkrise der Europäischen Union diskutiert.

Bad Cannstatt - Die Gemüter sind erhitzt. Keiner will nachgeben. Während Spanien die Forderung der übrigen Länder nach einer europäischen Bankenaufsicht an einen Schuldenschnitt knüpft, hält die deutsche Delegation empört dagegen: „Unser ganzes Geld ist dann weg.“ Dieses Argument lässt die spanische Verhandlungsführerin jedoch nicht gelten. Sie droht den Vertretern der anderen Staaten stattdessen mit einem Schreckensszenario: „Wenn Spanien untergeht, geht ihr alle mit unter.“

 

Sonja Berroth heißt die spanische Verhandlungsführerin. Sie ist 17 Jahre alt und besucht das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Bad Cannstatt. Eine Gruppe von Schülern aus den Jahrgangsstufen elf und zwölf hat sich am vergangenen Dienstag ein ehrgeiziges Unterrichtsziel gesetzt: Sie wollten Lösungen für die Schulden- und Finanzkrise der Europäischen Union finden.

Ziel ist es den Schüler das komplexe Thema näherzubringen

Das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium ist eine von 30 Schulen in ganz Deutschland, die an der „Aktion Europa“ teilnehmen. Das bundesweite Projekt wird gemeinsam vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, vom Europäischen Parlament und von der Europäischen Kommission angeboten und finanziert. Für die Durchführung ist die EuroSoc GmbH aus Konstanz verantwortlich.

Ziel sei es, den Schülern dieses „sehr komplexe Thema“ näherzubringen. Ihnen die grundlegenden Mechanismen der Krise zu erklären. Aufzuzeigen, wo die Schwierigkeiten liegen und wie unterschiedlich die Interessen der einzelnen Staaten sind, sagt die EuroSoc-Projektleiterin Katharina Barsch. Sie ist von den Schülern aus Bad Cannstatt begeistert: „Das ist eine sehr starke Gruppe.“

Spanien verzichtet auf den Schuldenschnitt

Bei einer simulierten Verhandlungsrunde am Ende des Projekttages können die Gymnasiasten zeigen, was sie gelernt haben. Sie werden auf vier Gruppen verteilt: Deutschland, Spanien, Großbritannien und die Gruppe der globalen Akteure, vertreten durch China und die USA. Spanien steht stellvertretend für die südeuropäischen Schuldenstaaten.

Fast könnte man meinen, man sei in einer echten Verhandlungsrunde gelandet. Die Schüler diskutieren leidenschaftlich. So fühlt sich die spanische Delegation von den übrigen Staaten zum Sündenbock gemacht und betont: „Die USA sind an der Krise Schuld.“ Die anderen Länder sollten aufhören, immer auf Spanien rumzuhacken. Dem britischen Verhandlungsführer Karl Birkeneder platzt unterdessen bei dem immer wieder von Spanien geforderten Schuldenschnitt der Kragen: „Was erwarten sie denn, dass Ihnen jemand Geld schenkt?“ Schließlich findet die Gruppe aber zumindest in diesem Punkt doch noch einen Kompromiss: Spanien verzichtet auf den Schuldenschnitt, dafür wird der Rettungsschirm erweitert, sodass das krisengebeutelte Land Geld bekommt. Um besser zu kontrollieren, was Spanien mit diesem Geld macht, soll eine europäische Bankenaufsicht geschaffen werden.

Die Schüler haben also Lösungen gefunden. Ob das für ihre Kollegen aus der realen Politik auch gilt, wird die Zukunft zeigen. Sicher ist aber schon jetzt, dass die Gymnasiasten den großen Staatsmänner dabei auf die Finger schauen werden.