Der Tänzer und Choreograf Eric Gauthier hat bei der Premiere von „Moves for Future“ die Filderschule in Degerloch in Bewegung versetzt. Bei seinem neuen Projekt geht es auch um die Überwindung verschiedener Berührungsängste.

Heiß, so heiß, man es ist so heiß“ schallt es rhythmisch über den Hof der Filderschule. Das ist nicht gelogen. Die Sonne treibt einem schon im Stehen den Schweiß auf die Stirn. Kein Wunder, dass es den Schülern warm wird, die sich unter der Anleitung von Eric Gauthier soeben in Eisbären verwandelt haben. „Moves for Future“ prangt der Slogan des Projekts – für das Jürgen Klinsmann Schirmherr ist – auf dem Unimog, der dem Tänzer als Bühne dient, das Gauthier als Baum mit vielen Ästen beschreibt. Am Mittwoch hat die Pop-up-Variante Premiere: In Degerloch wird die große Pause zum gemeinschaftlichen Tanzerlebnis. Besuche an anderen Schulen folgen.

 

„Hier ist deutlich mehr los, als auf dem Marktplatz“, stellt Kulturbürgermeister Fabian Mayer fest. Ob er sich tatsächlich wünscht, aus dem Rathaus auf eine Horde wilder Affen zu blicken? Die toben jedenfalls auf dem Schulgelände. Zu den Beats eines Peter-Fox-Songs lassen die Kinder die Arme schwingen, duschen die nächststehenden Primaten pantomimisch ab oder recken die Hände gen Himmel. Die Begeisterung ist greifbar. Wann darf man schließlich sonst in der Schule herumtollen? Oder die Lehrer fressen? Die kleine Choreografie zum hungrigen Löwen gipfelt im spielerischen Verschlingen der Pädagogen. „Aber nicht richtig beißen“, mahnt Eric Gauthier. Beim Probedurchlauf eine Woche zuvor hatte einer der jungen Tänzer, die ihn unterstützen, im Eifer des Gefechts Zähne zu spüren bekommen.

Freude an der eigenen Bewegung

Die Viertklässler sind voll und ganz bei der Sache. Gauthiers Begeisterung wirkt ansteckend. Niemand zeigt Hemmungen, aus sich herauszugehen. „Das hängt auch mit der Altersgruppe zusammen“, erklärt er. Es gebe auch eine „Moves for Future“-Version für ältere Schülerinnen und Schüler, die schwerer aus der Reserve zu locken seien. Sie dürfen zu Madonnas „Vogue“ tanzen oder zu Michael Jacksons „Thriller“ als Zombies über den Hof schlurfen.

Der von Fridays for Future inspirierte Name für das Projekt funktioniert auf mehreren Ebenen: Es geht um die Zukunft des Tanzes, darum, Berührungsängste mit Kultur aber auch die Verunsicherung im Umgang mit dem eigenen Körper zu überwinden. „Ich habe sonst noch nie getanzt“, verrät ein Junge. „Ich weiß auch nicht, ob ich jetzt öfter tanzen werde. Aber es hat Spaß gemacht.“ Die Botschaft, dass jeder Freude an der eigenen Bewegung haben kann, ist zwischen Löwenmagen und Schmetterlingsflügeln angekommen. Auch das gehört zu „Moves for Future“: Selbstvertrauen schaffen. Positive Erfahrungen ermöglichen. „Es geht auch um die Zukunft dieser Kinder“, sagt Gauthier, den Mayer einen „Unruhegeist im positiven Sinne“ nennt.

Der Eisbär geht mit nach Hause

Auch Jörg Howe, Kommunikationschef von Daimler Truck, ist sichtlich begeistert vom geglückten Projektstart in Degerloch. Während sich die Kinder wieder in den Unterricht begeben, blickt er auf die fahrbare Bühne, die er organisiert hat. „Wir waren uns erst nicht sicher, ob der Unimog nicht zu groß ist“, blickt er zurück. „Nun weiß ich: Er ist genau richtig.“ Gauthier steht zwar gut sichtbar im Fokus, kann Bewegungsabläufe zeigen oder die Euphorie in geordnete Bahnen lenken, der Abstand zu den Schülern ist aber nie so groß, dass ein Gefühl von Distanz aufkäme. Überhaupt setzt der gebürtige Kanadier auf Nähe. Nach dem Tanz redet er noch kurz mit den Kindern, klatscht Hände ab, nimmt jemanden mit auf den Truck. „Ich würde jetzt lieber hier weitermachen“, seufzt ein Mädchen. Der Eisbär hat ihr besonders gut gefallen. Den wird sie zumindest zuhause noch einmal aufführen.