Annette Schavans Doktorvater verteidigt die Ministerin. Heute tagt der Promotionsausschuss.

Stuttgart - Die Universität Düsseldorf hat am Dienstag Strafanzeige erstattet. Die Hochschule ist in den vergangenen Tagen in die Kritik geraten, weil eine interne Untersuchung zu den Plagiatsvorwürfen gegen die Bundesforschungsministerin Annette Schavan öffentlich geworden ist. Die Universität begründete ihre Anzeige damit, es bestehe Verdacht auf Weitergabe vertraulicher Informationen. Stefan Rohrbacher, Prodekan der Philosophischen Fakultät der Universität, war Vorwürfen nachgegangen, die Doktorarbeit Annette Schavans aus dem Jahr 1980 enthalte Plagiate. Seine „Sachstandsermittlung“ für den Promotionsausschuss der Fakultät haben nach Angaben der Hochschule 15 ständige und stellvertretende Mitglieder des Ausschusses erhalten, damit sie sich vorbereiten können. Am Wochenende wurde bekannt, dass Rohrbacher in seinem Papier zum Teil harte Kritik an der Doktorarbeit formuliert hat. Aus seiner Arbeit wird zitiert, er habe in der Doktorarbeit „das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise“ gefunden.

 

Der Promotionsausschuss wird sich mit dem Papier vermutlich heute, am Mittwoch, beschäftigen. Ob er danach bereits eine Empfehlung formulieren wird, ob der Fakultätsrat, das zuständige Gremium, der Ministerin den Doktortitel aberkennen soll, ist ungewiss. Eine öffentliche Erklärung ist vor einer Entscheidung des Fakultätsrates nicht zu erwarten. Die Ministerin, die am Dienstag zu einer zweitägigen Reise nach Israel aufgebrochen ist, will ihre Dissertation nach Medienberichten mit einer schriftlichen Stellungnahme verteidigen. Ob die Universität sie auch persönlich anhören wird, ist unbekannt.

Was der Ministerin vorgeworfen wird, kann auch ohne das Papier Rohrbachers jeder im Internet nachlesen. Unter der Adresse schavanplag.wordpress.com haben anonyme Autoren es akribisch aufgelistet. Dort werden vor allem drei Arten von Fehlern oder Betrügereien aufgeführt: Verschleierungen, Bauernopfer und Zitate aus Sekundärquellen.

Unter einem Bauernopfer verstehen die anonymen Plagiatsjäger, dass zu einem Zitat zwar eine Quelle genannt wird, dass aber nicht alle Textteile, die aus der Quelle stammen, auch als Zitat gekennzeichnet sind. Ein Beispiel zeigt die Abbildung oben: Schavan listet vier Begriffe auf, mit denen Wissenschaftler beschrieben haben, dass Neugeborene auf eine stabile Beziehung zu einer Bezugsperson angewiesen sind. Zu jedem Begriff gibt sie eine Quelle an. Eine davon ist der Autor Antoni Nowak. Schavan legt aber nicht offen, dass die gesamte Auflistung von Nowak stammt. Schlimmer noch: Sie hat offenkundig in die zitierten Originalarbeiten nie hineingeschaut. Schavanplag listet akribisch auf, dass drei der vier Begriffe in den Quellen nicht oder nicht so vorkommen wie zitiert. Auch Nowak zitiert also bereits falsch. Der vierte Begriff kommt zwar vor, doch sind der Name des Autors und der Titel des Aufsatzes falsch angegeben.