Von November an sollen Städte und Gemeinden das seit Juli geltende Prostituiertenschutzgesetz umsetzen. Die Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderats üben aber erhebliche Kritik.
Stuttgart - Die Ratsfraktionen haben heftige Kritik am Vorgehen des Landes bei der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes geübt. Anfang November soll die Ausführung des bereits seit Juli geltenden Bundesgesetzes in den Kommunen beginnen, bis Ende des Jahres müssen sich alle Prostituierten angemeldet haben. „Jetzt haben wir Oktober, und es ist eigentlich nichts geregelt: die Finanzen nicht, das Anmeldeverfahren nicht“, ärgerte sich Maria Hackl von der SPD.
„Das Ausführungsgesetz wirft so viele Fragen auf, wie wir vorher schon hatten“, erklärte Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) zu den Vorgaben aus dem Sozialministerium seines Parteifreunds Manne Lucha. „Wir wissen immer noch nicht genau, was es haushalterisch bedeutet.“ Nach den Plänen der Stadt benötigen das Gesundheitsamt und das Ordnungsamt für die neuen Aufgaben wie die Anmeldung der etwa 1400 Frauen und der rund 140 Prostitutionsbetriebe sowie die gesundheitliche und soziale Betreuung der Dirnen insgesamt neun zusätzliche Stellen. Man geht pro Amt von 300 000 Euro Kosten im Jahr aus. Nach jetzigem Stand reichen die vom Land dafür bereitgestellten Mittel aber bei Weitem nicht.
Macht die Stadt Dienst nach Vorschrift?
„Wir dürfen das Land da nicht aus der Pflicht lassen“, forderte Stadträtin Beate Bulle-Schmid (CDU) im Sozialausschuss. Jochen Stopper von den Grünen findet es überlegenswert, dass die Stadt angesichts eines „komplizierten Bundesgesetzes, das vom Land nicht auskömmlich ausgestattet ist“, einfach Dienst nach Vorschrift macht und „nur das tut, was eben geht“. Dies aber würde den Erfolg der Gesetzesnovellierung, die im Grundsatz von den Ratsfraktionen begrüßt wird, gefährden.
Für Martin Priwitzer vom Gesundheitsamt ist jetzt schon klar, dass man die anstehenden Aufgaben „bis zum Jahresende nicht bewältigen kann“. Der Arzt geht davon aus, dass es einen „bis ins nächste Jahr reichenden Engpass geben wird“.
Andere Gebührenberechnung vorgeschlagen
Werner Wölfle machte deutlich, dass die Stadt versucht habe, bei der finanziellen Ausstattung des Ausführungsgesetzes auf die Landesregierung einzuwirken – vergeblich. Nun gehe es darum, dass die Großstadt Stuttgart bei der Verteilung der unzureichenden Gelder „nicht auch noch hinten runterfällt“. Anmeldung und Beratung der Prostituierten soll gebührenfrei sein, die Kosten der Zuverlässigkeitsprüfung von Bordellbetreibern aber durch Gebühren finanziert werden. Diese richten sich jedoch nach dem Aufwand des Amts und nicht, wie in einigen anderen Bereichen, nach den Erträgen der Betriebe. „Mit Wertgebühren wäre schon viel geholfen“, sagte Wölfle an die Adresse des Landtags, den das Gesetz in zweiter Lesung noch durchlaufen muss.