Die Stadt will alteingesessene Bordelle im Leonhardsviertel schließen, die bisher als geduldet galten. In einem Brief an einen Betreiber offenbart sie ihre Pläne.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Stuttgart - Am 24. April 2013 endete aus amtlicher Sicht eine vier Jahrzehnte währende Zeit des Wartens. An diesem Tag urteilte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, dass die Stadt Freiburg zurecht die Schließung eines Bordells verfügt habe. Interessanter als das Urteil schien im Stuttgarter Baurechtsamt die Begründung. In der ist zu lesen, es komme nicht darauf an, ob der Betrieb theoretisch hätte genehmigt werden können. In der Vergangenheit hatte der VGH stets gegenteilig geurteilt. Sinngemäß ist die ständige Rechtsprechung, dass nachträglich erlaubt werden muss, was nicht verboten wurde.

 

Am 7. Mai 2015 verschickte das Baurechtsamt eine Aufforderung zu schließen an den Betreiber eines der ältesten Bordelle Stuttgarts – wegen des Urteils im Freiburger Fall. So steht es in dem Schreiben, mit dem das Laufhaus an der Weberstraße 11 A im Leonhardsviertel verboten werden soll. Dies nur als erstes in einer Reihe alteingesessener Rotlichtbetriebe.

Der Verfügung folgte der Widerspruch, und aller Voraussicht nach wird ihm ein Gerichtsverfahren folgen. „Das Urteil ist auf uns nicht anwendbar“, sagt der Bordellbetreiber John Heer. „Das ist ein völlig anderer Fall.“ Es sei ein Verstoß gegen das Grundgesetz, nach 40 Jahren der Duldung seinen Betrieb verbieten zu wollen.

Der Ausgang des Verfahrens scheint ungewiss

Der Ausgang des Verfahrens scheint tatsächlich ungewiss. Im Mai 2014 urteilte das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem ähnlichen Fall für einen Bordellbetreiber. Eine Berufung ließen die Richter nicht zu, was der Verwaltungsgerichtshof bestätigte. Die Polizei hat Heer bescheinigt, dass sein Betrieb „seit den frühen Siebzigern“ bestehe. Die Stadt Stuttgart hatte in einem Prozess gegen einen anderen Bordellbesitzer argumentiert, dessen Betrieb habe „erst nach 1985“ begonnen, unterliege „damit keinem Bestandsschutz“. 1984 hatte der Gemeinderat neue Regeln für Rotlichtbetriebe beschlossen.