Union und SPD haben sich auf ein neues Prostitutionsgesetz verständigt. Der massive Konflikt um die verpflichtende Anmeldung und Beratung wurde beseitigt. Alles andere als eine Verständigung der Koalition wäre fatal gewesen, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Einigung der großen Koalition auf ein neues Prostitutionsgesetz ist kein Grund zum Feiern – sie war überfällig. Ein jahrelanges, zum Teil undurchsichtiges Ringen der jeweiligen Regierungsbündnisse wurde damit beendet. Die Reform ist kein Placebo – sie dürfte dubiosen Bordellbetreibern das Leben schwer machen sowie den Behörden helfen, Zwangsprostitution einzuschränken. Ob damit aber auch kriminelle Strukturen aufgedeckt werden, fragt sich.

 

Möglich wurde die Neuregelung von Mitte 2017 an durch einen Kompromiss der Koalition in den zentralen Streitpunkten. Da hat sich die Beharrlichkeit der Union ausgezahlt, die der Szene gerne noch strengere Vorschriften gemacht hätte. Die SPD war vor 15 Jahren Geburtshelferin bei der Liberalisierung des Prostitution, die sich im Zuge der Öffnung gen Osteuropa als fatal herausstellte. Ihr fiel das Einlenken folglich schwerer. Ein Scheitern wäre aber unverantwortlich gewesen angesichts des Elends im Rotlichtmilieu, in dem nach polizeilichen Erkenntnissen freiwillige Prostituierte gegenüber fremdbestimmten Frauen in der Unterzahl sind.

Konflikt um Pflichtberatung beendet

Nunmehr bleibt es bei der umstrittenen, regelmäßigen Pflichtberatung, die den behördlichen Kontakt zu den Frauen garantiert. Einmal im Jahr sollen die Prostituierten das Gesundheitsamt aufsuchen, alle zwei Jahre sollen sie sich bei einer Behörde melden, wo sie dann praktisch einen Ausweis erhalten. Zur Entlastung der Kommunen in der Flüchtlingskrise ist der Beratungstermin beim Amt erst wieder nach drei Jahren nötig, sofern die Anmeldung bis Ende 2017 erfolgt. Zudem brauchen Frauen, die ihre Arbeitsorte wechseln, sich nicht in jeder Kommune neu anzumelden. Junge Prostituierte zwischen 18 und 21 Jahre melden sich ab Juli 2017 jeweils für ein Jahr an – die Gesundheitsberatung steht dann alle sechs Monate an. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 1000 Euro – für Zuhälter keine besonders abschreckende Summe.

Unterm Strich hat die Union ihre Vorstellungen stärker durchgesetzt als die SPD. Dass die Grünen – beeinflusst von den agilen Lobbygruppen der Rotlichtszene – nun wild gegen diesen Kompromiss schießen, drückt einiges über ihre Rückwärtsgewandtheit in dieser Frage aus. Die Welt hat sich gewandelt seit 2001 – es war zwingend notwendig, darauf zu reagieren. Ein Verbot des Sexkaufs nach schwedischem Vorbild stand ohnehin nie ernsthaft auf der politischen Agenda. Seine Befürworter können diese Idee nun für viele Jahre abhaken.