Die Kleidung von Abercrombie & Fitch ist nichts für Dicke und Arme. Das hat der Chef des Konzerns schon vor Jahren so ähnlich gesagt. Jetzt regt sich Protest.

Stuttgart - Gedämmtes Licht, laute Musik, Türsteher, Warteschlange beim Einlass: wer das erste Mal ein Geschäft des US-amerikanischen Bekleidungsherstellers Abercrombie & Fitch betritt, könnte meinen, er in einem Club gelandet. In den Läden, deren Räume ein eigens für das Unternehmen produzierter Duft erfüllt, werden die Kunden von jungen Männern mit Waschbrettbäuchen und Frauen mit Modelmaßen begrüßt und bedient.

 

Das Konzept scheint bei vielen jungen Leuten gut anzukommen. Das Geheimnis des Erfolgs scheint genau in den erwähnten Marketingmaßnahmen zu liegen. Das Label grenzt sich deutlich von anderen Marken ab – und grenzt bestimmte Menschen aus. „Wir möchten, dass die coolen, attraktiven Leute, die eine tolle Ausstrahlung und viele Freunde haben, unsere Sachen tragen“, gab Abercrombie-&-Fitch-Chef Mike Jeffries im Jahr 2006 in einem Interview zu: „Viele Leute können unsere Klamotten nicht tragen und das sollten sie auch nicht. Schließen wir Leute aus? Absolut!“

Kritiker stören sich am ungesunden Körperbild von A & F

Das Label siebt wohl also nicht nur bei den Verkäufern, sondern auch bei den Kunden streng aus. So werden Frauen mit weiblichen Rundungen bei Abercrombie & Fitch nicht fündig. Damenkleidung gibt es nur bis Größe L, was etwa der deutschen Größe 40 entspricht. Von Experten wird seit Längerem kritisiert, dass A & F nicht nur sein Exklusivitätsimage pflege, sondern auch ein ungesundes Körperbild transportiere. Die Zielgruppe der „coolen Kids“ hat das bisher kaum gestört.

Aber nun regt sich im Netz neuer Protest gegen diese Art der Markenpflege. Ins Rollen gebracht hat den Widerstand der bis dato unbekannte amerikanische Filmemacher Greg Karber mit seiner Aktion „Fitch the Homeless“. Er hat vor allem an Berichten Anstoß genommen, in denen es heißt, fehlerhafte Kleidungsstücke würden nicht an soziale Einrichtungen gespendet, sondern verbrannt. Deshalb hat Karber vor einigen Tagen ein Video bei Youtube hochgeladen, in dem zu sehen ist, wie er in einer Kleiderkammer T-Shirts und Pullover mit den immer deutlich erkennbaren Logos von Abercrombie & Fitch abholt und sie anschließend in Los Angeles an Männer und Frauen ohne festen Wohnsitz verteilt. Karber ruft die Netzuser dazu auf, es ihm gleichzutun und unter #FitchTheHomeless in den sozialen Netzwerken über ihre eigenen Aktionen zu berichten. Sein Ziel: die Marke soll beschädigt werden, indem sie von den Leuten getragen wird, die das Label eigentlich ausschließen möchte.

Jetzt sollen A-&-F-Klamotten an Obdachlose verschenkt werden

Die Aktion hat sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitet. Bei Youtube wurde das Video binnen weniger Tage mehrere Millionen Mal geklickt. Auch bei Twitter stößt die Protestaktion größtenteils auf Wohlgefallen: „Habe tatsächlich noch ein paar ältere A-&-F-Sachen aus den USA, die werden morgen gespendet“, twitterte eine Nutzerin. Auf der Foto-Plattform Instagram wurden einige Bilder gepostet, die sich über die Cool,-dünn-und-edel-Marke Abercrombie & Fitch lustig machen. So kursiert beispielsweise eine Fotomontage, die eine Reihe von durchtrainierten Oberkörpern der Abercrombie-&-Fitch-Verkäufer zeigt, denen ein behaarter Bierbauch hineinmontiert wurde.

Doch innerhalb der Netzgemeinde gibt es zu Greg Karbers „Fitch The Homeless“-Aktion auch durchaus kritische Stimmen. Mittel- und obdachlose Menschen würden als „Schlachtfiguren“ missbraucht, heißt es. Ein Twitter-User postete: „Da sind sie wieder, die Menschen die ,für’ andere Menschen sprechen, und die Betroffenen selbst fragt keiner.“ Auf der offiziellen Facebook-Seite von Abercrombie & Fitch behauptet der Chef Mike Jeffries nun, sein Statement sei völlig aus dem Kontext gerissen worden. Zudem streitet er die Vorwürfe vehement ab: „Wir sind entschieden gegen jederlei Form von Diskriminierung, Belästigung oder abschätzige Bewertungen aufgrund von Rasse, Geschlecht, Körper oder anderen Eigenschaften.“