Der Ludwigsburger Linken-Stadtrat Oliver Kube ist zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er eine Demo von Bildungsplangegnern gestört hat. Das Urteil kann Kube nicht nachvollziehen. „Widerstand ist legitim“, sagt er.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Das Stuttgarter Amtsgericht hat am Mittwoch den Ludwigsburger Linken-Stadtrat Oliver Kube zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er im Februar einen Demonstrationszug von Bildungsplan-Gegnern auf dem Stuttgarter Schlossplatz gestört hat. Der 24-Jährige hatte mit rund 100 Gegendemonstranten den genehmigten Marsch aufgehalten, was von dem Gericht als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gewertet wird. „Die Demokratie muss auch schlimmste Meinungen akzeptieren“, sagte der Richter in seiner Begründung. Der Angeklagte hätte sich demnach zwar neben die Protestierer stellen und diesen ins Gesicht schreien dürfen. „Das müssen die dann ertragen. Aber in den Weg stellen – das geht nicht.“

 

So gering die Geldstrafe ist – Kube muss 150 Euro zahlen –, so groß war der Aufwand für den Prozess. Nur unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen kamen die knapp 30 Zuhörer in den Saal, darunter Freunde von Kube, die sich bereits eine Stunde vorher in der City zu einer Solidaritätskundgebung versammelt hatten.

Kube wirft den Bildungsplangegnern üble Hetze vor

Während für den Richter politische Bewertungen unerheblich waren, stellte Kube diese in den Mittelpunkt seiner Aussage. Die fundamentalistischen Demonstranten hätten damals, unterstützt von Neonazis, gegen Homosexuelle gehetzt, Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt und der Landesregierung unterstellt, sie fördere Sex mit Kindern. „Da ist Widerstand legitim und auch notwendig“, sagte er.

700 Menschen hatten am 1. Februar gegen die Pläne der grün-roten Landesregierung protestiert, das Thema sexuelle Vielfalt fester im Schulunterricht zu verankern. Vor dem Neuen Schloss musste der Demonstrationszug anhalten, weil 100 Gegendemonstranten den Durchgang versperrten. Als es der Polizei nicht gelang, den Weg frei zu bekommen, mussten die Bildungsplangegner ihre Abschlusskundgebung am Staatstheater absagen.

Ein Polizist indentifizierte den Stadtrat auf einem Video

Nach dem Vorfall beantragte die Staatsanwaltschaft 20 Strafbefehle wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, unter anderem gegen Kube – ein Polizist hatte ihn auf einem Video von der Demo identifiziert. Zum Prozess kam es, weil Kube, der bei der Kommunalwahl für die Linke in den Ludwigsburger Gemeinderat gewählt worden ist, den Strafbefehl in Höhe von 300 Euro nicht akzeptierte. Auf dem Video, das bei der Verhandlung gezeigt wurde, ist er in der zweiten Reihe der Gegendemonstranten zu sehen. „Ich habe herum gestanden, Parolen gerufen – mehr nicht.“ Tatsächlich ist nicht zu erkennen, dass von ihm oder anderen Gewalt ausgeübt oder angedroht worden wäre.

Juristisch entscheidend war indes, ob die Bildungsplangegner ihren Marsch hätten fortsetzen können. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch, weil seiner Ansicht nach der Schlossplatz genug Ausweichmöglichkeiten geboten hätte. Der Richter argumentierte, dass es den Bildungsplangegnern nicht zuzumuten gewesen wäre, die genehmigte Strecke zu verlassen.

Der Richter bedankt sich bei den Zuhörern für die Ruhe

Die Verhandlung verlief ohne Zwischenfälle – bis auf eine kurze Episode, weil Kube während der Urteilsbegründung grinste. „Hören Sie auf“, ermahnte ihn der Richter. „Ist Grinsen verboten?“, fragte Kube. „Ja“, antworte der Richter, der sich allerdings später bei allen Anwesenden bedankte, dass es „heute relativ ruhig geblieben ist“. Er könne verstehen, wenn es manchem schwer falle, das Urteil zu akzeptieren. „Bei manchen Demonstrationen bekomme ich auch einen Hals. Aber es gilt die Meinungsfreiheit, und ich bin bin überzeugt, dass wir uns keine Sorgen machen müssen: Die große Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg ist tolerant und lässt sich nicht aufhetzen.“

Oliver Kube hat noch nicht entschieden, ob er eine Berufung beantragt. Nachvollziehen könne er das Urteil nicht, sagte er nach der Verhandlung. „Ich werte das als Einschüchterungsversuch, und ich lasse mich nicht einschüchtern.“