Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 hat für Gewalttaten um Entschuldigung gebeten. Die "Parkschützer" bezweifeln Darstellungen der Polizei.

Stuttgart - Die „Parkschützer“ haben Gewalt bei der Anti-Stuttgart-21-Demonstration am vergangenen Montag eingeräumt. „Im Nachhinein verurteile ich die Dinge, die da passiert sind, weil wir uns ganz klar gegen Gewalt stellen“, sagte der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann, am Freitag in Stuttgart. Allerdings habe sich die überwiegende Mehrheit der Demonstranten an der Baustelle für das Grundwassermanagement friedlich verhalten.

 

Bei den Menschen, die zu Schaden gekommen seien, „entschuldigen wir uns“, sagte der Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Berthold Frieß, am Freitag im Namen des Aktionsbündnisses gegen „Stuttgart 21“. Der Konsens des Bündnisses, gewaltfrei und friedlich zu protestieren, sei bei der Stürmung der Baustelle verletzt worden.

Zweifel an Darstellung der Polizei

Die „Parkschützer“ und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 präsentierten Zeugen der Ereignisse sowie anonyme Zeugenaussagen. Mehrere Demonstranten berichteten, dass sie trotz Nähe zu dem gezündeten China-Kracher - anders als acht Beamte - keine Ohrenprobleme gehabt hätten.

Weitere schilderten eine von ihnen beobachtete Rangelei mit einem Zivilbeamten, der nach Darstellung der Polizei dabei schwer verletzt worden war. Bei dieser Rangelei hätten Demonstranten aus Angst dem Beamten die Dienstwaffe entreißen wollen, ohne zu wissen, dass es sich um einen Polizisten handele.

Zudem stellten die „Parkschützer“ die Frage, ob der Zivilbeamte möglicherweise als Provokateur eingesetzt worden sei. Denn in der schriftlichen Aussage wird behauptet, der später verletzte Mann habe versucht, auf der Baustelle gelagerte Rohre umzuwerfen. Er habe vier Demonstranten herbei gewunken, die er dann mit einer Kleinkamera gefilmt habe. Es sei ihm aber nicht gelungen, diese Personen zum Mitmachen „anzustiften“.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt angesichts einer Gehirnerschütterung und Kehlkopfprellungen, die im schlimmsten Fall zum Ersticken hätten führen können, wegen versuchten Totschlags an diesem Polizisten. Die Bahn hatte den Sachschaden auf rund 1,5 Millionen Euro beziffert.

"Parkschützer" bleiben im Aktionsbündnis

Auch nach der eskalierten Demonstration vom Montagabend will das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 die Organisation „Parkschützer“ nicht ausschließen. Die „Parkschützer“ hätten nicht zum gewalttätigen Widerstand gegen das Bahnprojekt aufgerufen, sagte Bündnissprecherin Brigitte Dahlbender den „Stuttgarter Nachrichten“.Gleichzeitig kündigte sie Konsequenzen für die Demonstrationszüge an.

Dahlbender kritisierte, die „Parkschützer“ hätten darauf verwiesen, die Proteste in der Nacht zum Dienstag „seien zum allergrößten Teil friedlich gewesen“. „Ich habe jedoch den Anspruch, dass die Proteste komplett friedlich sind“, erklärte sie der Zeitung.

Montagsdemos sollen am Schlossplatz enden

Gleichzeitig appellierte Dahlbender auch an die Deutsche Bahn, „alles für friedliche Verhältnisse zu tun“. So seien viele Ergebnisse der Schlichtung zu „Stuttgart 21“ Schritt für Schritt zurückgenommen worden. „Viele Menschen fühlen sich dadurch düpiert. Das rechtfertigt nicht den Einsatz von Gewalt, aber es erklärt, warum auch die Bahn AG jetzt ihren Beitrag zur Deeskalation bringen muss“, betonte sie.

Als Konsequenz der eskalierten Demonstration kündigte Dahlbender an, dass die sogenannten Montagsdemonstrationen künftig wieder am Stuttgarter Schlossplatz statt am Hauptbahnhof enden sollen. „Wir werden natürlich auch zum friedlichen Protest aufrufen, auf verschiedene Gruppen zugehen und reden“, sagte sie dem Blatt.

Geißler stellt Moderation infrage

Unterdessen hat Schlichter Heiner Geißler die Moderation des Stresstests infrage gestellt. Er werde das Ergebnis des Tests für den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof nur dann selbst vorstellen, wenn die Ausgangsdaten für diese Untersuchung unter allen Beteiligten unumstritten seien. „Wenn sich herausstellt, dass kein Einvernehmen über die Zugrundelegung der Standards erfolgt ist, dann werde ich das Ergebnis auch nicht präsentieren“, sagte er am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. Dann werde die Bahn das Ergebnis allein vorstellen müssen.