Das Aktionsbündnis gegen Stutgart 21 lässt nicht locker - und plant die nächste Großveranstaltung: eine Menschenkette um den Hauptbahnhof.

Stuttgart - Der Widerstand gegen Stuttgart 21 geht auch nach der friedlichen Großdemonstration am Samstagabend mit - je nach Angaben - 12.000 bis 16.000 Teilnehmern weiter und soll nach dem Willen des Aktionsbündnisses noch stärker werden als bisher. Am Montagabend um 18 Uhr beginnt vor dem Nordausgang des Hauptbahnhofes die mittlerweile 38. sogenannte Montagsdemonstration. Die Stuttgarter Kreisvorsitzende der Grünen, Irmela Neipp-Gereke, hat zudem die nächste Großkundgebung bereits angekündigt: Am kommenden Freitag soll von 20 Uhr an zum ersten Mal eine Menschenkette um das gesamte Bahnhofsareal herum gebildet werden. Auch dazu erwarten die Initiatoren wieder mehrere Tausend Menschen. Dabei wird erneut mit Behinderungen des abendlichen Verkehrs zu rechnen sein.

Die Bahn hat bekanntlich im Februar mit den Bauarbeiten für Stuttgart 21 begonnen und treibt diese mit Hochdruck voran. Am Wochenende ist als Vorbereitung auf den Neubau des Tiefbahnhofs wieder die bestehende S-Bahn-Rampe gesperrt gewesen - wie zuvor an sieben Wochenenden seit dem 1. Mai. Bauarbeiter sind überdies damit beschäftigt, den Nordflügel des Hauptbahnhofes zu entkernen, der in den nächsten Wochen und Monaten abgerissen werden soll, um Platz zu schaffen für ein Technikgebäude. Die Landesverkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) hatte erst vor wenigen Tagen erneut betont, dass Stuttgart 21 und der Bau der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm "unumkehrbar" seien.

Scharfe Kritik an Bürgermeister Föll


Auf der Demonstration am Samstag, bei der es laut Polizei keine Zwischenfälle gab, haben verschiedene Sprecher des Aktionsbündnisses erneut ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht, das Milliardenprojekt doch noch stoppen zu können. Zugleich wurde scharfe Kritik geübt an Stuttgarts Erstem Bürgermeister Michael Föll (CDU), der, wie berichtet, seit kurzem dem Beirat des Bauunternehmens Wolff & Müller angehört - jener Stuttgarter Firma, die von der Deutschen Bahn mit dem Abbruch des Nordflügels beauftragt worden ist.

Werner Wölfle, der Grünen-Chef im Gemeinderat, sagte: "Ob die Vergabe an Wolff & Müller durch Föll beeinflusst worden ist, können wir nicht beweisen - aber es stinkt gewaltig. Soll er doch ganz zu Wolff & Müller wechseln, dafür bekäme er unseren Beifall." Föll kehrt am Montag aus dem Urlaub ins Rathaus zurück - mit einer Stellungnahme, wie der CDU-Kreisvorsitzende auf die Vorwürfe reagiert, ist zu rechnen.

Unterdessen hat Andreas Reißig, der SPD-Kreisvorsitzende in Stuttgart und Stadtrat, auf den Auftritt seines Parteifreundes und Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer am Samstag reagiert: "Von der SPD hat Scheer niemand eingeladen, er spricht nur für sich - und allein das spricht für sich." Für manche, so Reißig, sei "Solidarität offenbar ein Fremdwort". Scheer forderte ungeachtet davon erneut eine Bürgerbefragung, deren Ergebnis die Bahn, das Land, die Region und die Stadt akzeptieren sollten. Der "einzige Schiedsrichter" in dieser gravierenden Frage könne "eigentlich nur die Bevölkerung sein", sagte der Träger des Alternativen Nobelpreises. Der SPD-Fraktionschef im Landtag, Claus Schmiedel, hatte erst vor wenigen Tagen "vor einem Wackeln" seiner Partei bei Stuttgart 21 gewarnt.