Ein Bündnis internationaler Initiativen fordert ein bürgerorientiertes Ausländeramt. Die Wartezeiten seien viel zu lang, das schade auch der Wirtschaft der Stadt.

Den Stuttgarter Stadträten und der Verwaltungsspitze dürften zu Beginn ihrer Gemeinderatssitzung am Donnerstag die Ohren geklingelt haben: Vor dem Rathaus hatte sich ein dieser Tage von diversen Gruppen spontan gegründetes „Bündnis barrierefreie Ausländerbehörde“ zu einer Protestaktion versammelt.

 

Der Zulauf war überschaubar, der Kreis der Teilnehmer war deutlich kleiner als die Zahl der Wartenden in den noch vor wenigen Wochen üblichen Schlangen vor der wichtigsten Anlaufstelle für Geflüchtete und dauerhaft in Stuttgart lebenden Ausländern in der Eberhardstraße und in der Jägerstraße. Am Donnerstag, 6. Juni, nehmen sie um 16 Uhr einen neuen Anlauf, um für ein sinnhaftes Ziel zu werben: „Unsere Landeshauptstadt ist international, zukunftsorientiert und weltoffen. Daher setzen wir uns als Bündnis für eine serviceorientierte, transparente, barrierefreie und kundenfreundliche Ausländerbehörde ein.“

Langes Warten auf die Papiere

Onana Emeran vom Migrationsforum Zuffenhausen beklagte das Fehlen einer „Willkommenskultur“ in der Ausländerbehörde seit vielen Jahren. „Aufenthaltsberechtigte, Geduldete, Geflüchtete, internationale Studierende und Fachkräfte“ müssten oft monatelang auf neue oder zu aktualisierende Papiere warten. Damit verzichte die Stadt auf Wirtschaftswachstum. „Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist doch da, überall findet man an Schaufenstern Schilder mit dem Hinweis, dass dringend Personal benötigt wird.“ Im Amt werde dieses Potenzial jedoch ausgebremst.

Die Folgen seien unbeantwortete Anfragen für Notfalltermine. Visa für Familienzusammenführungen würden verfallen, da die Betroffenen innerhalb der kurzen Gültigkeitsdauer keinen Termin erhielten. Es fehlten barrierefreie Zugänge für Menschen mit Beeinträchtigungen. Gefordert werden Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Terminvergabe und -bearbeitung.

Ausländer als Stuttgarter zweiter Klasse

Avra Enim, Sozialarbeiterin und Vorstandsvorsitzende der Kurdischen Gemeinde, wird in der täglichen Arbeit mit den Kapazitätsproblemen in der chronisch unterbesetzten Behörde konfrontiert. Sie nimmt Ausländer als Bürger zweiter Klasse in Stuttgart wahr. Zu oft habe sie schon erlebt, dass Menschen gekündigt wurde, weil ihre Aufenthaltsgenehmigung nicht rechtzeitig verlängert worden sei – obwohl grundsätzlich und rechtlich einer Weiterbeschäftigung auch in diesen Fällen nichts im Wege steht.

Den Stadträten ins Gewissen geredet

„Und dann heißt es wieder, die Migranten sind faul“, sagte der als Kind aus Somalia gekommene Volkswirtschaftsstudent Faisal Osman in seinem engagierten Redebeitrag. Er forderte die Stadträte auf, sich ihrer Verantwortung für eine funktionierende Verwaltung zu stellen. „Sie sind gewählt und bekommen Geld dafür, dass es besser wird“, sagte Osman. „Sonst kann ich die Arbeit übernehmen.“ Ehrenamtlich leiste er als Dolmetscher und Begleiter schon die Vorarbeit.