Macrons Reformen stehen auf der Kippe. Dabei führen die Geldwesten auch Gutes im Schilde, kommentiert Stefan Brändle.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Paris - Ein König sollte keine Revolution ausrufen. Sie könnte ihn am Ende selbst treffen. Diese Erfahrung macht soeben Emmanuel Macron. Im französischen Präsidentschaftswahlkampf nannte er sein politisches Bekenntnis in Buchform „révolution“. Dort gelobte er, Frankreich von Grund auf zu erneuern. Jetzt wird der Staatschef aber durch eine Nebenreform bereits ausgebremst, muss die Erhöhung seiner Ökosteuer unter dem Druck der Straße zurücknehmen. Anfang der Woche will er am Fernsehen sogar eine Art Schuldbekenntnis ablegen.

 

Frankreich dürfte ein Sorgenkind bleiben

Die Gelbwesten sind in dieser Auseinandersetzung nicht nur verantwortungslose Populisten. Sie könnten für Frankreich auch Gutes bewirken, wenn sie vermögen, was Macron nicht schaffte – nämlich verknöchertes Elitedenken und zentralstaatliche Machtstrukturen aufzubrechen. Was sie auch verlangen, ist mehr Mitspracherecht in einem Land, das von einer technokratischen Elite regiert wird. Allerdings gefährden die Gewaltorgien selber die Demokratie. Der Präsident, der den Staat verkörpert, ist angeschlagen, jetzt schon ein Opfer jener Revolution, die er nicht hatte kommen sehen. Wie er in Zukunft wichtige Reformen – etwa die anstehende Rentenreform – durchsetzen will, ist schleierhaft. Frankreich dürfte ein Sorgenkind bleiben. Für Europa verheißt das nichts Gutes.