Die Frauenbewegung in den USA ist dank US-Präsident Donald Trump im Aufwind. Am Mittwoch gibt es einen landesweiten Streiktag.

Washington - Nur elf Kilometer und der Potomac-Fluss trennen das Städtchen Alexandria von der US-Hauptstadt Washington. In dem „Öko-Ort“ leben viele Pendler, die es sich leisten können. Am Wochenende schlendern Besucher über das Kopfsteinpflaster vorbei an schicken Boutiquen. In Alexandria scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Doch an diesem Mittwoch haben Eltern in der 130 000-Einwohner-Gemeinde ein Problem: Sämtliche öffentlichen Schulen bleiben geschlossen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, versichert der Schulin-spektor Alvin L. Crawley. Nachdem sich aber mehr als 300 Lehrer und Mitarbeiter abgemeldet hätten, könne man den Unterrichtsbetrieb nicht aufrechterhalten.

 

Die Pädagogen wollen sich an einem Streik beteiligen. Unter dem Motto „A day without a woman“ (Ein Tag ohne Frauen) haben die Organisatorinnen des erfolgreichen Frauenmarsches vom Januar alle Geschlechtsgenossinnen aufgerufen, am In-ternationalen Frauentag die Arbeit ruhen zu lassen, möglichst nicht einzukaufen und rote Kleidung zu tragen. In vielen Städten sind Kundgebungen und Aktionen geplant. Die Smoothie-Kette Bananas will ein spezielles fettfreies Erdbeer-Joghurtgetränk an Frauen für 80 Cent abgeben. Männer müssen einen Dollar zahlen.

Die Niederlage von Hillary Clinton war ein identitätsstifender Moment für die Bewegung

Der offizielle Anlass für den Protest ist seit Jahren der gleiche: die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen sowie die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz. Doch seit dem Wahlsieg von Donald Trump haben viele Frauen in den USA ein ganz konkretes und bedrohliches Feindbild bekommen. „Die Niederlage von Hillary Clinton war ein identitätsstiftender Moment für die amerikanische Frauenbewegung“, schrieb die „New York Times“ kürzlich in einer Magazin-Geschichte: „Die Beinahe-Präsidentin wurde beiseitegeschoben von jemandem, der für viele dem klassischen Bild des männlichen chauvinistischen Schweins entsprach.“

Keine Äußerung im US- Wahlkampf hat die Öffentlichkeit so aufgewühlt wie Trumps Bemerkung, man müsse Frauen nur an die Genitalien fassen. Aus Protest trugen viele Teilnehmer der landesweiten Frauenmärsche am 21. Januar pinkfarbene „Pussy-Mützen“. Doch die Kritik der Millionen auf den Straßen richtete sich gleichermaßen gegen die Diskriminierung von Flüchtlingen, Migranten und Transsexuellen. Es war ein eindrucksvoller Aufstand des anderen, des liberalen Amerikas.

Noch mehr Frauen, die für Frauen kämpfen, sehen Sie in diesem Video.

An Aufregern mangelt es nicht

Diese Stimmung möchten die Organisatorinnen am Leben erhalten. Der Weltfrauentag könnte ein erster Test für die Widerstandsfähigkeit der Bewegung sein. An Aufregern mangelt es nicht: Gerade erst hat Trump die Neuauflage des Einreiseverbots unterzeichnet. Die Republikaner im Kongress haben die Blaupause einer Obamacare-Reform vorgelegt. Und dann ist da noch Trumps Wahlversprechen, die Förderung der 650 Kliniken von Planned Parenthood zu streichen, die medizinische Dienste und Schwangerschaftsabbrüche anbieten.

Trotzdem ist keineswegs sicher, ob die Frauenbewegung in den USA eine langfristige Wiederbelebung erfährt. Kritiker bemängeln, dass sich bei dem Protest vor allem die gehobene weiße Mittelschicht organisiert. Schwarze Frauen, die zu 94 Prozent gegen Trump stimmten, sind deutlich unterrepräsentiert. Nicht jede Frau könne einfach ihrer Arbeit fern bleiben, kritisierte die Kolumnistin Meghan Daum in der „Los Angeles Times“: Der Streik-Mittwoch werde daher „ein Tag ohne Frauen sein, die es sich leisten können“.