Israels Linke organisiert erstaunlich viel Protest. Doch der wird Premier Netanjahu nicht stürzen, meint Mareike Enghusen.

Tel Aviv - Für eine vielfach Totgesagte wirkt die israelische Linke äußerst lebendig. Wöchentlich Tausende auf die Straße zu bringen, während ein ansteckendes Virus grassiert, ist keine kleine Leistung – zumal diese Protestbewegung keinen starken Sprecher, keine klare Anführerin hat, nicht einmal ein scharf umrissenes Anliegen: Auf Straßen, Plätzen und Kreuzungen treffen sich langjährige Linke, Friedensbewegte und LGBT-Aktivisten, aber auch Bürger ohne politische Heimat, die sich um ihr Geschäft, ihren Job, ihre Zukunft sorgen. Infolge der Coronakrise ist jeder Fünfte arbeitslos – und das in einem Land mit nur lose geknüpftem staatlichen Sicherheitsnetz. „Wenn es kein Brot gibt, esst Schläge“, stand am Samstag auf einem der Plakate geschrieben, in kreativer Anlehnung an die französische Revolution.