Proteste in Kuba Wenn die Demo zur Mutprobe wird

Bereits im Juli haben Demonstranten gegen die anhaltende Lebensmittelknappheit in Kuba protestiert. Jetzt sind wieder Aktionen geplant. Foto: dpa/Eliana Aponte

Kuba droht Demonstranten gegen den Staat mit Gefängnis. Doch die Systemkritiker sind gut vernetzt. Weltweit sind an diesem Montag in 120 Städten Protestaktionen geplant.

Havanna - Als der Theaterdramaturg Yunior Garcia Aguilera ankündigte, am Sonntag erst einmal alleine und mit einer rosa Rose als Zeichen der Solidarität mit den politischen Gefangenen über die Uferpromenade Malecon von Havanna marschieren zu wollen, kam die Antwort des Staates schnell – mit einer Gegenausstellung einer Universität auf dem vorgesehen Platz.

 

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Dieses Katz-und-Maus-Spiel gibt es auf Kuba nun seit Wochen. Eine Gruppe unabhängiger Kulturschaffender kündigte für den 20. November eine neue Protestwelle an und versuchte dafür eine Genehmigung zu erhalten. Als Reaktion darauf gaben die Behörden bekannt, rund um den Protesttag militärische Übungen im ganzen Land abhalten zu wollen. Also zogen die Organisatoren der Demonstration ihren Protest vor, der soll nun an diesem Montag stattfinden. Wieder reagierten die Behörden schnell: Der Protest wurde umgehend verboten.

Protestierende berufen sich auf Meinungsfreiheit

Aus Sicht der Regierung sind die Proteste illegal, konterrevolutionär und aus dem Ausland gesteuert. In der kubanischen Verfassung ist das sozialistische System als unveränderbar verankert. Es gibt nur eine zugelassene Partei, die alles dominierende kommunistische Partei. Die Staatsanwaltschaft informierte deshalb im Vorfeld die Organisatoren der Proteste, aber auch prominente Regimekritiker, Intellektuelle und Künstler, dass eine Teilnahme an den Protesten oder auch nur der Aufruf dazu unter Strafe stehe und machte damit eine Teilnahme zu einer echten Mutprobe. Die Protestorganisatoren berufen sich aber auf die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit und erhielten zuletzt Rückendeckung von der kubanischen Kirche.

Protestbewegung ist weltweit aktiv

Hamlet Lavastida, ein nach einem einjährigen Projekt in Berlin gleich nach seiner Rückkehr nach Havanna wegen seiner Unterstützung der Proteste verhafteter kubanischer Künstler, glaubt dennoch, dass die Proteste auf ihre Weise erfolgreich sein werden. „Kuba reagiert analog und verhält sich so, als es gäbe es nur eine analoge Welt“, sagt Lavastida im Gespräch mit unserer Zeitung. Inzwischen ist die Protestbewegung aber weltweit tätig, in mehr als 120 Städten sind für diesen Montag solidarische Aktionen geplant. In den Netzwerken breitet sich die Oppositionsbewegung aus. Lavastida selbst wurde wie so viele andere prominente regierungskritische Kulturschaffende monatelang festgehalten und dann vor die Wahl gestellt: Ausreise oder Gefängnis. Nun ist er wieder in Berlin.

Dresdener drohen 24 Jahre Gefängnis

Die „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“ (IGFM) berichtet derweil über anderen Fall. So sei der deutsche Staatsbürger Luis Frometa Compte Mitte Juli bei den ersten Protesten gegen die Versorgungskrise und staatliche Repression festgenommen wurden, weil er die Demo als Tourist gefilmt habe. Die Staatsanwaltschaft fordert für den Dresdener Familienvater nun 24 Jahre Gefängnis wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ und „Anstiftung zum Aufruhr“.

„Der Fall von Luis Frómeta Compte aus Dresden zeigt, wie sehr Kubas Führung sich vor dem Machtverlust fürchtet. Nicht nur Einheimische, sondern auch Urlauber, die Proteste miterleben, werden als Gefahr angesehen, zu Kriminellen erklärt und unter falschen Anschuldigungen mit langen Gefängnisstrafen bedroht“, erklärt Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.

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