Ein 46-Jähriger hat den Wagen seines früheren Chefs im Wert von 60 000 Euro angezündet. Er hoffte trotzdem, den Gerichtssaal als freier Mann zu verlassen.

Böblingen - Sein Geständnis kam zu spät. Erst als die Videoaufnahmen klar und deutlich gezeigt hatten, dass er in den frühen Morgenstunden des 8. Juli dieses Jahres am Tatort war, wo ein Auto der Marke Audi in Flammen aufging, rang er sich dazu durch, die Brandstiftung einzuräumen. Es nutzte ihm nicht. Die Staatsanwältin forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Der Richter Werner Kömpf sah ebenfalls keinen Anlass für ein mildes Urteil. Der 46 Jahre alte Mann erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Vier Monate hat er bereits in Untersuchungshaft verbracht.

 

Videokamera im Hinterhof

Vor dem Richterspruch schien sich der 46-Jährige zu amüsieren. In einer Verhandlungspause nahm er von der Anklagebank aus Augenkontakt zu seinen Angehörigen im Saal auf, schürzte die Lippen und hauchte ihnen Küsschen zu. Möglicherweise setzte er darauf, dass ihn die Videoaufzeichnungen letztlich doch nicht so schwer belasten könnten. Denn bei der eigentlichen Tat, als er den Audi seines ehemaligen Chefs in Brand steckte, hatte er ein Kleidungsstück über den Kopf gezogen. Sein Gesicht war via Überwachungskamera im Hinterhof des Restaurants seines früheren Arbeitgebers nicht erkennbar. Dafür aber waren die Schuhe dieselben, die auf dem ersten Video zu sehen waren. Auf diesem war zweifelsfrei der 46-Jährige zu sehen, als er gegen 3.45 Uhr das Areal betreten hatte, auf dem das Fahrzeug stand. „Was Sie in der Zwischenzeit gemacht haben, bis der Audi um kurz nach vier Uhr in Flammen stand, können wir nur vermuten“, meinte der Richter. Wahrscheinlich habe er aber zunächst den Tatort ausbaldowert, um danach einen Brandbeschleuniger zu holen.

Ein Taxifahrer hatte in der Nacht die Flammen bemerkt und die Feuerwehr alarmiert. „Weil sie so schnell vor Ort war, hat der Brand nicht auf das naheliegende Gebäude übergegriffen“, stellte Kömpf fest. Die Feuerwehr war mit drei Fahrzeugen und 20 Einsatzkräften angerückt und hatte das Feuer rasch gelöscht. „Es hätte noch viel mehr passieren können als der Totalschaden an dem Wagen“, bilanzierte Kömpf. Das geleaste Auto hatte noch einen Marktwert von 60 000 Euro.

Frust, Geldnot und Schulden

Am ersten Prozesstag Anfang November waren nicht alle geladenen Zeugen erschienen, die Verhandlung wurde an diesem Donnerstag fortgesetzt. Dieses Mal stand die 37 Jahre Freundin des Angeklagten dem Richter Rede und Antwort. Am Abend des 7. Juli hatten sich die beiden getroffen und waren in Streit geraten. „Es ging um die Arbeit“, erklärte die 37-Jährige. Ihrem Freund, der in einem Böblinger Restaurant als Servicekraft gearbeitet hatte, war kurz zuvor gekündigt worden. Der 46-Jährige ist in Geldnot und hat 50 000 Euro Schulden. Er war an dem Abend so sehr in Rage geraten, dass er sich vorgenommen hatte, aus Rache den Wagen seines Chefs im Hinterhof des Restaurants anzuzünden.

An jenem Abend ging die 37-Jährige bald schlafen. Der 46-Jährige schickte ihr noch eine Nachricht auf das Handy: „Du wirst morgen früh sehen, was passiert ist.“ Der 31 Jahre alte Restaurantchef, dem die Videoanlage gehört, hatte sich die Aufnahmen am Tag danach angesehen und festgestellt, dass es sich bei dem Täter um seinen ehemaligen Mitarbeiter handelte. „Die Beweislage ist klar“, sagte Kömpf.

Eine ganze Reihe von Vorstrafen

Erschwerend kam noch hinzu, dass der 46-Jährige eine ganze Reihe von Vorstrafen hat. Als der Richter die Liste verlas, verging ihm die gute Laune endgültig. Der Angeklagte schlug seine Hände vors Gesicht. In seinem Heimatland wie auch in Deutschland wurde er bereits mehrmals wegen Trunkenheit am Steuer, des Widerstands gegen Polizeibeamte, Körperverletzung, Sachbeschädigung und in zwei Fällen auch wegen Raubs verurteilt. „Für Sie gibt es eine schlechte Sozialprognose“, sagte Richter Kömpf schließlich. Das Geständnis des 46-Jährigen am Ende des Prozesses beeindruckte auch ihn nicht mehr.