Zwei Männer haben im Sommer vor einem Jahr einen Kneipengast ordentlich in die Mangel genommen. Sie streckten ihn mit einem Faustschlag nieder und traten noch auf ihn ein. Jetzt gab es das Urteil.

Leonberg - Wer das Opfer am Ende mit einem Faustschlag niedergestreckt und auf dieses eingetreten hatte, konnte das Gericht auch nach der zweistündigen Beweisaufnahme nicht endgültig klären. „Sie sind aber gemeinsam gegen den Geschädigten vorgegangen, und wenn man gemeinschaftlich handelt, dann werden die Handlungen dem jeweils anderen zugerechnet“, erklärte der Richter Josef Weiß in der Verhandlung am Leonberger Amtsgericht (Kreis Böblingen) und verurteilte das Brüderpaar wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von sechs Monaten, die er zu Bewährung aussetzte. Damit folgte das Gericht auch dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

 

Die beiden 37 und 41 Jahre alten Männer aus Leonberg und Gerlingen hatten im Sommer vor einem Jahr einen Kneipengast ordentlich in die Mangel genommen. Zuerst musste der 22-Jährige einen Faustschlag hinnehmen, und als er zu Boden fiel, wurde er auch noch getreten. Nach der Tracht Prügel landete der Leonberger mit einem Kieferbruch im Krankenhaus. Dabei war er den Schlägern offenbar ganz zufällig in die Hände geraten. Die beiden Brüder feierten an jenem Juliabend in einem Lokal in Eltingen. Nachdem der Jüngere einer Frau an den Po gefasst und dann auch noch den Wirt beleidigt hatte, wurden sie rausgeschmissen.

Opfer als „Boxsack“ benutzt

Draußen kam es zu dem, was der Staatsanwalt in seinem Plädoyer mit „Sie haben das Opfer als Boxsack für Ihre an dem Abend angestauten Aggressionen benutzt“ umschrieb – dann gingen die beiden unweit des Lokals offenbar völlig grundlos und unvermittelt auf den 22-Jährigen los, der zuvor noch neben ihnen an der Theke saß. Dieser hatte den Heimweg eingeschlagen, und erst als sein Kumpel mit anderen Gästen herbeigeeilt war, ließen die beiden Männer von ihm ab – nicht zuletzt, weil diese sich dann auch die zwei Angeklagten vorknöpften. Dass nicht noch mehr passierte, war wohl nur der Polizei zu verdanken, die zügig am Tatort erschien.

Ich bin doch kein Bud Spencer

Die beiden aus Kroatien stammenden Angeklagten, die vor wenigen Jahren nach Deutschland kamen – der eine arbeitet als Mechaniker, der andere als Reinigungskraft – hatten die Vorwürfe abgestritten. „Ich wurde von sechs Leuten angegangen, und mein Bruder wollte mir nur helfen“, erzählte der 37-Jährige auf Nachfrage des Richters zu dem folgenreichen Abend. Wie es denn aber sonst zu der Verletzung des 22-Jährigen gekommen war, konnte er nicht sagen und meinte nur völlig entgeistert: „Ich bin doch kein Bud Spencer!“

Der Anwalt des Mannes – sein älterer Bruder verzichtete auf Rechtsbeistand – plädierte auf Freispruch und sprach mit Blick auf den Vorwurf, wenn überhaupt, von einer einfachen Körperverletzung. Er ging nämlich nur von einem einzigen Faustschlag aus, der seiner Meinung nach auch perfekt zum Verletzungsbild passte. Diesen hatte übrigens nur der Freund des Opfers von hinten gesehen, ansonsten gab es keine Zeugen der Prügelattacke. Allerdings beharrte der Verteidiger darauf, dass nun einmal nicht geklärt sei, wer von den beiden damals zugeschlagen habe.

Keine 08/15-Verletzungen

Der Amtsrichter war indes überzeugt, die Männer hätten auch auf den am Boden liegenden Leonberger eingetreten – da spielte für die gefährliche Körperverletzung auch keine Rolle, dass sie damals „nur“ Flip-Flops angehabt haben wollten. Dass die Strafe nicht schärfer ausfiel, lag vor allem daran, dass die angeklagten Brüder nicht vorbestraft waren. Das Gericht ging auch von einer „gewissen Enthemmung“ aus, da Alkohol im Spiel war und wertete diesen Umstand als strafmildernd. „Auf der anderen Seite haben wir aber keine 08/15-Verletzung, sie liegt eher im oberen Bereich“, betonte der Richter.

Der Leonberger musste nach dem Kieferbruch operiert und eine Woche lang im Krankenhaus behandelt werden. „Ich habe zehn Kilogramm abgenommen, weil ich nicht richtig kauen konnte“, erklärte der 22-Jährige, der laut eigener Aussage noch bis heute unter den Schmerzen leidet. Nicht zuletzt deshalb ordnete das Gericht auch an, dass die beiden Schläger ein Schmerzensgeld von 600 Euro und 1000 Euro an ihn zahlen müssen.