Was geschah im Oberen Schlossgarten zwischen einem 24 Jahre alten Mann und einer 17 jahre jungen Frau? War es ein Flirt mit gegenseitigen sexuellen Handlungen oder eine Vergewaltigung? Diese Frage versucht derzeit das Landgericht Stuttgart zu klären.

Stuttgart - War es ein Flirt mit gegenseitigen sexuellen Handlungen oder eine Vergewaltigung? Diese Frage muss die 4. Große Jugendkammer des Landgerichts Stuttgart seit Mittwoch in einem Prozess gegen einen 24 Jahre alten Mann klären. Laut Staatsanwaltschaft begegneten sich der Angeklagte und die damals 17 Jahre junge Frau zufällig am Nachmittag des 3. November vergangenen Jahres. Beim gemeinsamen Spaziergang durch den Oberen Schlossgarten soll es zu diversen sexuellen Übergriffen und zur Vergewaltigung gekommen sein.

 

Angeklagter gibt Erklärung ab

Zu Beginn des Verfahrens am Mittwoch gab die Verteidigung des Angeklagten eine Erklärung ab. Danach hat die junge Frau den Angeklagten angesprochen und ihm erzählt, ihre Familie komme aus der Schweiz, sie lebe in Stuttgart und zeige ihm die Stadt. „Der Vorschlag, rumzulaufen kam von ihr“, zitierte die Verteidigung den 24jährigen. Sie habe mit ihm geflirtet, ihn zunächst am Hals und im Gesicht berührt, ihn dann zu sich gezogen und hinter einem Gebüsch nahmen beide gegenseitig befriedigende Handlungen vor. „Ein körperliches Abwenden oder Nein gab es nicht.“

Ein Zeuge hatte damals im Park die Polizei alarmiert. Die Beamten entdeckten die beiden aufeinanderliegend an der Rückseite eines Gebäudes. Als die Polizisten einschritten und die beiden kontrollierten, gab die 17jährige an, dass der Mann gegen ihren Willen gehandelt habe. Seither sitzt der 24jährige in Untersuchungshaft.

Ausschluss der Öffentlichkeit

Die Kammer ordnete am ersten Prozesstag den Ausschluss der Öffentlichkeit für die Aussage der jungen Frau an. Das Gerichtsverfassungsgesetz empfiehlt den Ausschluss in Verfahren gegen die sexuelle Selbstbestimmung und verlangt, die besonderen Belastungen, die für Jugendliche mit einer öffentlichen Hauptverhandlung verbunden sind, zu berücksichtigen.

Im Gerichtssaal berichtete der Angeklagte über seinen Werdegang: Während des Krieges in Sierra Leone geboren, nahm ihn ein Mann aus Gambia bei sich und seiner Familie auf. Da er ihn nicht zur Schule schickte, kann der Angeklagte nicht lesen und schreiben. Er arbeitete auf Baustellen und hatte mit einer jungen Frau aus Gambia ein gemeinsames Kind.

Angeklagter arbeitet in Logistikunternehmen

Etwa ein Jahr war der junge Mann von Gambia aus durch diverse afrikanische Staaten unterwegs bis nach Lybien, um von dort über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Im September 2016 verurteilte ihn ein Gericht wegen illegaler Einreise zu einer Geldstrafe, die er nach eigenen Angaben bezahlt hat. Sein genauer Status konnte am Mittwoch nicht geklärt werden, da sein Asylantrag wohl abgelehnt worden war, er aber über eine Arbeitserlaubnis verfügte. Einige Monate vor seiner Inhaftierung hatte er eine Tätigkeit in einem Logistikunternehmen begonnen.

Für sexuellen Übergriff und Nötigung unter Anwendung von Gewalt sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von mindestens einem bis zu fünf Jahren vor, eine Vergewaltigung wird nicht unter zwei Jahren bestraft.