Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich ein Senior wegen schwerer Brandstiftung, schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Staatsanwaltschaft hält den Mann für so gefährlich, dass sie für ihn die Unterbringung in einer Psychiatrie fordert.

Der Mann mit roter Jacke und Baseballkappe, der mit unsicheren Trippelschritten in den kleinen Saal des Stuttgarter Landgerichts geführt wird, sieht mit seinen 78 Jahren aus wie ein gütiger Opa. Doch die Staatsanwaltschaft hält ihn für die Allgemeinheit gefährlich und hat in einem sogenannten Sicherungsverfahren beantragt, ihn längerfristig in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, wo er bereits seit Ende Juli vorläufig untergebracht ist. Die Anklagebehörde wirft ihm schweren Raub, gefährliche Körperverletzung und versuchte schwere Brandstiftung vor, hält ihn jedoch wegen einer chronischen paranoiden Schizophrenie für nicht schuldfähig.

 

Angeklagter: „Ich bin schuldig, ich habe das Feuer gelegt“

Die Brandstiftung räumte der 78-Jährige vor Gericht unumwunden ein. „In dem Punkt bin ich schuldig, ich habe das Feuer gelegt“, sagte der Senior. Er habe sich über die erhöhten Nebenkosten für Strom und Wasser geärgert und daher ein Desinfektionsmittel auf seiner Matratze und dem Sofa ausgegossen. Dann habe er den Brandbeschleuniger entzündet, seine Dachgeschosswohnung in Althütte verschlossen und sei zu seinem Hausarzt gegangen. Diesem habe er von der Sache erzählt, es habe ihn jedoch nicht interessiert. Daraufhin habe er selbst die Polizei angerufen, die ihn zehn Minuten später an einer Bushaltestelle festgenommen habe.

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren zum Zeitpunkt der Brandlegung Mitte Juni dieses Jahres drei der sechs Familien in dem Haus in Althütte anwesend. Die Feuerwehr, deren Wache nur wenige Meter neben der Wohnung des Mannes liegt, habe den Brand zwar schnell löschen können, jedoch sei die Wohnung mehrere Wochen wegen des Rußniederschlags an Decken und Wänden nicht bewohnbar gewesen. Im Schlafzimmer sei zudem Wasser in den Boden eingedrungen. Den Sachschaden bezifferte die Anklagebehörde mit rund 20 000 Euro.

Vehement bestritt der 78-Jährige jedoch den zweiten Anklagevorwurf des schweren Raubes und der gefährlichen Körperverletzung. „Das sind böse Leute, die so etwas erzählen, die machen Theater“, erklärte er. Laut Anklage hat der Senior Ende Oktober vergangenen Jahres eine junge Frau auf einer Parkbank in der Nähe des Rathausplatzes in Althütte angesprochen und sie gefragt, ob das ihr Hund sei. Obwohl die Frau keinen Hund sehen konnte, sei sie dem 78-Jährigen in ein Gebüsch gefolgt, wo er ihr einen Stein gegen die Stirn geschlagen haben soll. Die Frau sei daraufhin zu Boden gegangen und habe ihre Handtasche fallen lassen. Aus dieser soll der Mann 20 Euro entnommen haben und dann damit geflohen sein. Die junge Frau erlitt laut Anklage ein Hämatom und Schmerzen an der Stirn.

Bereits zehnmal im Zentrum für Psychiatrie

Bei den Fragen zu seinem Lebenslauf und zu den Tatvorwürfen wirkte der 78-Jährige bisweilen verwirrt und sorgte ungewollt für witzige Momente. So behauptete er etwa, in Althütte gebe es überhaupt keine Steine, die groß genug seien, um damit Menschen zu schlagen. Mit Blick auf seine Person erklärte er, er sei als uneheliches Kind geboren worden und habe seinen leiblichen Vater nie kennengelernt. Er sei bei den Großeltern aufgewachsen und habe bis Anfang 40 als Schreiner gearbeitet. Dann sei eine psychische Erkrankung bei ihm festgestellt worden, er beziehe seitdem Erwerbsunfähigkeitsrente und Wohngeld. Verheiratet sei er nie gewesen, er sei zu jung für eine Frau. Laut dem vorläufigen psychiatrischen Gutachten war der 78-Jährige in den vergangenen rund 35 Jahren mehr als zehnmal für längere Zeiträume im Zentrum für Psychiatrie in Winnenden.