Der Chef einer fünfköpfigen Bande muss für vier Jahre hinter Gitter, zwei seiner Komplizen für fast drei Jahre. Ihr Geständnis hat für ein mildes Urteil gesorgt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Sie hatten es nur auf ein Modell abgesehen: In der Zeit vom vergangenen Oktober bis Januar haben drei Männer 14 Kleinbusse der Marke Mercedes in der Region Stuttgart gestohlen. Am Landgericht Stuttgart sind sie wegen schweren Bandendiebstahls und Beihilfe in mehreren Fällen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. „Aus Sicht der Kammer handelt es sich um ausgesprochen milde Strafen“, sagte der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer. Aber das Urteil sei maßgeblich durch die Geständnisse der Täter zustande gekommen, erklärte er. Vier Jahre muss der 39-Jährige hinter Gitter, der als Chef der Bande gilt. Seine Komplizen sind zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden.

 

14 Vianos in nur drei Monaten

Immer nach dem gleichen Muster sind die Angeklagten vorgegangen. Sie hatten es ausschließlich auf das Mercedes-Modell Viano abgesehen. Mit einem Mietwagen ist der Anführer mit einem 38-jährigen Informatik-Spezialisten nach Deutschland gefahren, der für das Öffnen der Kleinbusse zuständig war. Sie kamen in Mengen im Kreis Sigmaringen bei einem 34 Jahre alten verwandten Landsmann unter, der dort lebte und arbeitete. Er soll den Männern einen Wagen mit deutschem Kennzeichen für die Diebestouren zu Verfügung gestellt haben, weshalb er als Komplize wegen Beihilfe in 14 Fällen verurteilt wurde. Pro Nacht knackten die Täter einen Viano – unter anderem in Leonberg, Magstadt, Sindelfingen und Steinenbronn –, parkten ihn in der Nähe der Universität Hohenheim und ließen den Mercedes am nächsten Tag mit gefälschten Kennzeichen von einem extra angeheuerten Fahrer nach Polen chauffieren. Stets zwei Fahrzeuge schickten die Angeklagten von ihren Deutschlandreisen auf einen Schlag nach Hause.

Zusammengerechnet hatte die Beute der Bande einen Wert von fast 530 000 Euro. „Immer zwei Vianos, immer nur Vianos und sonst nichts“, beschrieb der Vorsitzende Richter den Modus operandi der Bande. Er erkannte eine hohe kriminelle Energie, die Diebstähle seien gut organisiert und professionell ausgeführt worden. Außerdem handele es sich um viele Taten innerhalb einer kurzen Zeit von rund drei Monaten. Als Motiv führte der Richter „die wenig günstige wirtschaftliche Situation der Täter in Polen“ an. Welchen Profit der Bandenchef und sein Computer-Spezialist aus den Diebstählen geschlagen haben, konnte nicht geklärt werden – ebenso wenig, was mit den Fahrzeugen in Polen geschah. Nur die letzten beiden Vianos konnten wieder ihren Besitzern übergeben werden: Diese Diebstähle hatte die Polizei observiert und die Autos an der Grenze zu Tschechien abgefangen.

Ein Pole verliert seine Existenz in Deutschland

Für den 34-Jährigen hat sich die Tatbeteiligung am wenigsten gelohnt: Er ist für jede Hilfeleistung mit 50 Euro honoriert worden. Nun hat er aber seine Existenz in Deutschland verloren, obwohl er an den Taten nicht beteiligt war. Er sei nur in das Verbrechen hineingezogen worden, weil er mit dem Anführer verwandt sei, erklärte der Richter bei der Urteilsverkündung. Zwei weitere bei dem Prozess angeklagte Männer aus Polen sind mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Sie sollten die letzten zwei Vianos abtransportieren, an den Diebstählen selbst waren sie nicht beteiligt.

Für einen Wendepunkt in dem Prozess sorgte der Bandenchef mit seinem Geständnis. Zum Auftakt hatten die Angeklagten noch geschwiegen. Er habe „ein Tor für die weitere Verständigung“ eröffnet, sagte der Vorsitzende Richter. Nach acht Verhandlungstagen war das Verfahren deshalb schon zu Ende. Sein Urteil will der Richter auch als Abschreckung verstanden wissen. Schließlich habe ein als Zeuge geladener Polizeibeamter im Prozess berichtet, dass die Zahl der Straftaten von aus Osteuropa stammenden Tätern gestiegen sei. Mit der Festnahme der Bande am 15. Januar habe immerhin die Diebstahlserie mit Doppelschlägen bei Vianos aufgehört, betonte der Richter noch.